Buenos Aires (AT) – “Es ist ein Meisterwerk, ein ‘ Masterpiece‘, ein meta-historisches Werk, mit einem künstlerischen Niveau, das selbst bei berühmten Künstlern selten erreicht wird”, so beschreibt der argentinische Kunstsammler und Besitzer des Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires (Malba) Eduardo Costantini sein letzten Erwerb: Leonora Carringtons Gemälde “Die Ausschweifungen Dagoberts”. Das Gemälde dürfte sich zu einem der “Juwelen” im Museo de Arte Latinoamericano (Malba), dem Museum für Lateinamerikanische Kunst von Buenos Aires. Im Jahre 2001 eröffnet, beherbergt das Malba die Sammlung der Stiftung Constantini, bestehend aus 400 Kunstwerke -Gemälde, Skulpturen, Stiche, Fotografien- großer lateinamerikanischer Künstler des 20. Jahrhunderts. Seit Donnerstag, nun auch Carringtons “Die Ausschweifungen Dagoberts”.
Der Kauf von Carringtons Werk machte vor einigen Wochen Schlagzeilen in den argentinischen Medien, als der Geschäftsmann nach einem harten Bietkampf bei Sotheby’s den Zuschlag für das Gemälde im Wert von US$ 28,5 Millionen erhielt. Das Gemälde war eine seiner Obsessionen, wie Constantini selbst gestand. Vor 30 Jahren stand er kurz davor, es bei einer anderen Auktion zu ersteigern, mußte aber mit leeren Händen nach Hause gehen. Diesmal ließ er sich die Gelegenheit nicht entgehen. So wurde Leonora Carrington zu einer der Künstlerin, die in der Beliebtheitsskala der Sammler selbst Kollegen ihrer Zeit wie Max Ernst (der ihr Partner war) und Salvador Dalí in den Schatten stellt.
Von Carrington bis Amaral
Die 1917 in Lancashire, England, geborene Carrington erhielt ihre Ausbildung in Europa und entwickelte sich aber als Schriftstellerin und bildende Künstlerin in Mexiko (wo sie während des Zweiten Weltkriegs im Exil lebte). Ihr phantasievolles und lyrisches Werk, das von Symbolen und mythologischen Zitaten geprägt ist, steht im Zeichen des Surrealismus. “Die Ablenkungen des Dagoberto” gilt als Meilenstein ihrer Zeit und wurde von der Künstlerin zwei Jahre nach ihrer Ankunft in Mexiko geschaffen. “Es ist Carringtons anspruchsvollstes Werk. Eine unbestreitbare surrealistische Leistung, die in den 1940er Jahren nur in Mexiko möglich war”, so Anna Di Stasi, Leiterin der Abteilung für lateinamerikanische Kunst bei Sotheby’s.
Wenn es so etwas wie die Mona Lisa Lateinamerikas gibt, dann ist es Abaporu, ein Gemälde des Brasilianers Tarsila do Amaral aus dem Jahr 1928. Dieses Gemälde ist im Malba zu begutachten, einer der wohl wichtigsten Museen der Region. Das Kunstzentrum besitzt mehr als 600 Werke, darunter Schöpfungen von Frida Kahlo, Diego Rivera, Wifredo Lam, Roberto Matta und Joaquín Torres García, der Elite der lateinamerikanischen Kunst. Eduardo Costantini, der in der Baubranche eines der größten Vermögen seines Landes anhäufte, ist seit rund vier Jahrzehnten ein der bedeutendsten Kunstsammlern der Region.
Malba: zwischen Legat und Sammlung
“Dieses Projekt ist schrittweise gewachsen: Am Anfang waren es zwei Gemälde, die ich in einer Galerie gekauft habe, dann wurden es mehr, und im Laufe der Jahre ist eine Sammlung entstanden. Damit wuchs in mir das Bewusstsein, Sammler zu sein und eine soziale Funktion zu übernehmen: Ich wollte eine Sammlung lateinamerikanischer Kunst aufbauen, die zur Förderung und Verbreitung unserer kulturellen Werte in Argentinien und im Ausland beiträgt”, erklärte Constantini jüngst in einem Interview.
Das Malba ist eine private Non-Profit -Institution, die lateinamerikanische Werke von modernen und zeitgenössischen Künstlern austellt. Das Museum wurde 2001 eröffnet, Constantini schwebte als Vorbild das von den Rockefellers gegründete Museum of Modern Art (MoMA) in New York vor. Im Mai 2007 wurde das Malba vom gesetzgebenden Organ der Autonomen Stadt Buenos Aires zum Kulturdenkmal erklärt. Dieser Titel wurde nicht nur für die Qualität seiner Ausstellungen vergeben, sondern auch für die Verschmelzung mit einem Kalender von Wechselausstellungen zusammen mit der stabilen Ausstellung seiner institutionellen Sammlung und fungiert gleichzeitig als Ort für die Aktivitäten zu Film, Literatur und Workshops. 2008 erhielt es den Konex Platin-Preis für Bildende Künste der Konex Stiftung als beste kulturelle Einrichtung.
Mit durchschnittlich 500.000 Besuchern pro Jahr, von denen 35 % Touristen sind, gibt es keinen internationalen Reiseführer für Buenos Aires, in dem die Malba nicht als ein Muss erwähnt wird. Die New York Times bezeichnete sie vor einigen Jahren sogar als einen der interessantesten Ort des Kontinents. Seit dieser Woche kann es mit einem weiteren Juwel für sich werben.
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