11. 10. 2023

Buenos Aires (AT) – Die letzte TV Debatte vor den Präsidentschaftswahlen ließ nicht nur kantige Sprüche. In den Tagen danach wurde Wirtschaftsminister Sergio Massa erneut vom Ansturm nach dem Dollar getroffen, der den Dienstag bei 945 Pesos im inoffiziellen Kurs schloss. Alle Beteiligten werfen sich gegenseitig vor, den Run auf die argntinische Währung aus wahltaktischen Gründen angefacht zu haben. Es ist nicht das erste Mal, dass das Land kurz vor einer Wahl derartige Manöver durchlebt, wie jüngst der Lateinamerika-Experte, Carl Moses auf LinkedIn schrieb.

Knapp zwei Wochen vor dem Stichtag an den Wahlurnen und mit Devisernreserven gegen Null bleibt vor allem die Frage, wie stark das derzeitige Auf- und Ab insbesondere Sergio Massa, dem Wirtschaftsminister und Kandidaten für die regierungsnahe UdP, belasten kann und ob die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas noch einmal die schmerzliche und harte Erfahrung einer Hyperinflation durchleben muß.

Von “Kretinismus” bis Kapitalisierung

Massa gab Devisenkontrakten aus dem Lager Javier Mileis bezichtigte den liberalen Kandidaten: “Für eine Wählerstimme ist er in der Lage, die Ersparnisse der Arbeiter und das Kapital der Unternehmen zu ruinieren”, sagte er. Nach Meinung der Zentralbank (BCRA) brachte Mileis undurchsichtiges Auftreten in der Debatte und sein “Rückzug” bei mehreren seiner Vorschläge dazu, zunehmend destruktiv auf die Währung zu wirken.

Die Bank sprach von “Kretinismus (sic)”, als sie die Aussagen des Libertären über Festgeldanlagen und den wahren Wert des argentinischen Peso beschrieb. Die BCRA bemühte sich zu belegen, dass das argentinische Finanzsystem eine “solide Situation in Bezug auf Solvenz, Kapitalisierung, Liquidität und Rückstellungen” aufweist und erinnerte daran, dass die Ersparnisse der Argentinier, die bei der Bank deponiert sind, “durch die Einlagensicherung” und durch ihre eigene Rolle als “Kreditgeber der letzten Instanz” geschützt sind. Sie erkannten jedoch, dass die nächsten sieben Tage schwierig sein werden.

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Die BCRA wartet auf die Inflationszahlen, um die nächsten Schritte zu bestimmen. (quelle: ellitoral.com)

Analysten gehen davon aus, dass die Verbraucher sich in den nächsten Tagen und Woche kaum von ihren Dollars in Argentinien trennen werden. Die Dollar-Knappheit werde sich noch verschärfen. Hinzu kommen ein typischer Vorwahl-Druck auf den Greenback und ein viel höherer nominaler Zinssatz, den der Markt noch nicht verdaut hat, hieß es. Die Inflationsrate für September, die am Donnerstag veröffentlicht wird und nahe bei 12% liegen könnte, dürfte dieses Phänomen verstärken. Im Team des Wirtschaftsministers wird schon offen über den reellen Wert der US-Währung gesprochen: “Der Dollar blue (inoffizieller Dollar ) sollte bei 880 Pesos liegen. Es werden schwierige Tage werden”, sagte ein Experte aus Massas Team, berichtete die Zeitung La Nación.

Offizielle Daten zeigen, dass der Bestand an traditionellen privaten Festgeldeinlagen in Pesos zwischen dem 20. September und 4. September, von 13,92 Mrd. USD auf 13,49 Mrd. USD gesunken ist. Wären die Verlängerungen beibehalten worden, müsste der Betrag angesichts der Zinsen, die sie zahlen, bei über 15 Milliarden USD liegen.

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Javier Milei, Kandidat im Rennen um die Präsidentschaft (quelle: lavoz.com)

“Je höher der Dollarkurs ist, desto einfacher ist die Dollarisierung”, hatte Milei vor einigen Tagen erklärt und damit en Stein ins Rollen gebarcht, der heute die Nachfrage nährt. Der Libertäre hat die Dollarisierung der argentinischen Wirtschaft zu einem seiner Banner für eine Wirtschaftsreform im Falle eines Sieges bei den Wahlen erklärt. Als er nach Festgeldanlagen gefragt wurde, sagte Milei: “Niemals in Pesos. Der Peso ist die von den argentinischen Politikern herausgegebene Währung, daher kann er nicht einmal Mist wert sein, denn solcher Mist taugt nicht einmal als Dünger.”

Die Szenarien ab Dezember

Am Freitag vergangener Woche hatte Mauro Mazza, Analyst von Bull Market , ein Clearing- und Abrechnungsagent, in einer Präsentation die “operativen Details des Milei-Ocampo-Plans” aufgeführt. Unter Punkt fünf ist dort zu lesen: “Hyperinflation für 45-60 Tage”. Gegenüber Francisco Juegen von La Nacion erklärte der Analyst, dass anstelle des Plans von La Libertad Avanza eine Beschreibung mit Szenarien in denen die Vorgaben aller drei Kandidaten zum Tragen kommen. “In den drei möglichen Alternativen, sehen wir eine Hyperinflation von 50% pro Monat ab dem Monat Dezember”, prognostizierte der Experte. Er wies auch darauf hin, dass Mileis Plan, die Dollarisierung, ein stärkeres overshooting als der Rest, aber eine schnellere endgültige Stabilisierung impliziere.

Ein Bericht des unabhängigen think tanks Ieral (Institut für das Studium der argentinischen und lateinamerikanischen Realität) bestätigt, dass die Erwartung einer Dollarisierung das “Monster” der Abwertung und Inflation nährt. Ohne ausländische Währung wird “jeder Versuch, Dollar in Pesos zu tauschen, zu einem Wechselkurs erfolgen, der viel höher ist als der auf dem freien Markt geltende”, heißt es in der jüngst veröffentlichen Studie. Laut Ieral wird die Erweiterung der Geldmenge in diesem Jahr den Gegenwert von 6% des argentinischen BIP erreichen. Die Zahl, ist nur mit der des Pandemiejahres 2020 (7,5% des BIP) vergleichbar ist.

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  1. Wilfried Blaschke

    Wunderbar Sie wieder lesen zu können. Dankeschön.

    • Flavio Cannilla

      Sehr geehrter Herr Blatschke,
      herzlichen Dank für Ihre freundlichen Worte.
      Wir freuen uns.
      Herzliche Grüße aus der Redaktion
      Flavio Cannilla
      Editor

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