Buenos Aires (AT) – Die Erfahrung lehrt, das Vertrauen der Verbraucher spiegelt in den meisten Fällen die empfundene Volatilität einer makroökonomische Lage wieder. In Argentinien um so mehr. Nach Jahrzehnten der wirtschaftlichen Achterbahnfahrt ist das Mißtrauen gegenüber jeglicher wirtschaftlicher Prognose im ADN argentinischer Konsumenten verankert. Insbesondere bei Fragen der Inflation und Preisen. Zwischen Feuerland und Iguazú-Fällen haben es sich die Menschen angewöhnt kurzfristig zu denken und noch kurzfristiger zu planen. Das zu verstehen ist entscheidend auch für eine unternehmerische Tätigkeit in Lateinamerikas drittgrößter Volkswirtschaft.
Einer der glaubwürdigsten und aufschlussreichsten Indikatoren dafür ist die monatliche Untersuchung des Research-Institutes des Centro de Investigación en Finanzas (CIF) der Universidad Torcuato Di Tella (UTDT) zum Thema Verbraucherempfinden. Das Institut erfasst die Datenreihe seit März 2001 landesweit und regelmäßig. Im Rückblick zeigen die letzten 272 monatlichen Erhebungen insgesamt 124 Anstiege, 136 Rückgänge und lediglich 12 gleichbleibende Werte.
Auch der Oktober 2024 ließ es an Volatilität unter den Konsumenten nicht fehlen, doch immerhin mit einer positiven Tendenz – in allen Kategorien. „Laut den zwischen dem 2. und 15. Oktober gesammelten Daten wiesen alle Subindizes positive monatliche Veränderungen auf: Die für langlebige Güter und Immobilien verzeichneten einen Anstieg von 14,66 %, gefolgt von der persönlichen Situation mit einem Plus von 8,10 % und der makroökonomischen Situation, die um 6,47 % zunahm“, betont Sebastián Auguste, Direktor des Centro de Investigación en Finanzas der UTDT.
Doch das Mißtrauen bleibt. Trotz der Erfolge von Javier Mileis Regierung beim Abbau des Haushaltsdefizits, der drastischen Senkung der Inflationsrate und der Deregulierung der Wirtschaft lag die Wahrnehmung der makroökonomischen Situation durch die Verbraucher im Oktober diesen Jahres mit 53,28 Punkten über 10 Prozent unter dem Niveau der vorigen Präsidentschaft von Alberto Fernández.
Die gute Nachricht für das Team rund um den Ökonomen Javier Milei ist aber, dass nach knapp 12 Monaten härtester Sanierungs- und Sparpolitik, die Verbraucher beginnen, ihren Alltag in einem neuen Licht zu sehen. Der Index “Persönliche Situation lag im Oktober bei 45,85 Punkten. Das entspricht einem Anstieg von 8,1 % zum September. Dieser Wert war nicht nur der höchste des Jahres, sondern lag auch weniger als einen Prozentpunkt unter dem Wert von November 2023. Zudem besteht die Aussicht, dass er in der nächsten Erhebung übertroffen wird, nachdem sich die Erwartungen auf Lohnerhöhungen jenseits der Inflationsrate abzuzeichnen beginnen.
Und: Traditionell liegt die Verbraucher-Wahrnehmung wohlhabender Haushalte im monatlichen Vergleich bis zu 7% über dem einkommensschwächerer Haushalte, wie das CIF berichtet. Im Oktober 2024 wandelte sich das Bild zum ersten Mal seit 2011: Der Verbraucherindex wohlhabendere Haushalte stieg monatlich um 5,1 %, während der von einkommensschwachen Haushalten um 15,3 % zunahm. Eine der Erklärungen ist der unterschiedliche Einfluss der Tarifänderungen. Diese trafen die mittleren und oberen Einkommensschichten stärker, wie das Portal Infobae berichtet, da sie ihre Subventionen verloren, während die einkommensschwächeren Gruppen diese weitgehend behielten. Ein anderer ist das die Korrekturen für eine Neuordnung der argentinischen Wirtschaft langsam festen Boden zu spüren bekommen.
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