Buenos Aires (AT) – Das Bezahlen ohne Bargeld, oder contactless payment, ist in den vergangenen Jahren deutlich bequemer geworden. Nicht nur in Europa. Allein die Corona-Pandemie war Beispiel genug, um zu zeigen, wie viel hygienischer der Zahlvorgang mit digitalen Methoden ist. In Lateinamerika im Allgemeinen und in Argentinien im Besonderen bringt die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs jedoch einen zusätzlichen Vorteil: die Integration breiter Teile der Bevölkerung, die bisher keinen Zugang zum geregelten Zahlungsverkehr, etwas einem Bankkonto haben konnten.
Die Bequemlichkeit, mit einer Debit- oder Kreditkarte in einem Geschäft oder online zu bezahlen, eine Überweisung an eine andere Person durchzuführen oder Online-Banking-Anwendungen zu nutzen, setzt voraus, dass man über ein aktives Bankkonto verfügt. In den meisten lateinamerikanischen Ländern ist das für mehr als die Hälfte der Bevölkerung nicht möglich.
Hauptfaktoren: Armutsniveau und Entfernung einer Bankfiliale, sprich, Personen, die nicht genug Geld für eine Bank haben oder deren Wohnsitz einfach zu weit entfernt von der nächsten Bankfiliale ist.
Laut dem Nachrichtenportal Wired, hat in Mexiko nur 49,1% der Bevölkerung zwischen 18 und 70 Jahren ein Bankkonto. Die Länder mit dem breitesten Finanz- und Bankkundengeschäft in der Region sind Brasilien (84 %) und Argentinien (72 %).
Doch weit mehr als in Europa oder den USA haben in den letzten Jahren IT-gestützte Dienstleister (Fintech) auch hier die Führung im Rennen um den Neukunden übernommen. Mehr als 12.000 Fintechs bieten heute in der Region Personen ohne traditionelles Konto den Zugang zu E-Commerce und Krediten, meldet das Research-Institut Statista.
Unter ihnen sind die Neobanken – Bankanbieter die sich mit ihren Kunden nicht über physische Filialen sondern nur über mobile Apps verbinden. “Unser aller Ziel ist es, die Möglichkeiten für die Nutzer zu erweitern und einfacher und bequemer zu machen”, erklärt Ramiro Nández, Geschäftsführer von Mercado Pago, dem grössten Unternehmen für mobile Zahlungen in Argentinien.
Es ist kein Zufall, dass die zwei groessten Anbieter der Region Brasiliens Nubank und Argentiniens MercadoPago sind. Ein Vergleich.
NuBank und die digitalen “Neobanken”
Nubank gilt als einer der wichtigsten Vertreter im Bereich der digitalen Banken, nicht nur auf regionaler Ebene, sondern auch weltweit. Das brasilianische Unternehmen war laut einem Bericht von Data.ai in den Jahren 2020 und 2021 die Neobank mit den meisten Kunden der Welt. Mit rund 80 Millionen Kunden in Brasilien, Mexiko und Kolumbien bietet die Nubank Kreditkarten für den privaten Bedarf an. Sie sind eine der größten digitalen Finanzdienstleistungsplattformen der Welt. Nubank nutzt ihre firmeneigenen Technologien und Innovationen, um neue Finanzlösungen für Privatpersonen und KMU zu schaffen, die einfach, intuitiv, bequem, kostengünstig und individuell sind. Im Jahre 2022, erklärten selbst die N-26 Gründer die Brasilianer zu ihrem Vorbild.
Nubanks eigene Kredit- und Debitkarten werden über eine mobile App bedient und folgen ähnlichen Prozessen wie die einer Kontoeröffnung, bei der ein Ausweisdokument hochgeladen und andere persönliche Daten angegeben werden müssen. Sobald der Vorgang abgeschlossen ist, wird eine physische Karte an die Wohnadresse geschickt, die über die App verwaltet wird, die u. a. Abfragen des Kontostands und Überweisungen ermöglicht.
Mercado Pago und QR-Code-Apps
Das argentinische Unternehmen MercadoPago entstand ursprünglich als interner Zahlungsabwickler für Einkäufe bei Mercado Libre, der Muttergesellschaft, entwickelte sich aber schnell zu einer unabhängigen Finanzplattform. Sie ist heute in Argentinien, Brasilien, Mexiko, Uruguay, Kolumbien, Chile und Peru vertreten. Die Funktionen der Anwendung variieren von Land zu Land, aber in Argentinien beispielsweise dient sie als Online-Zahlungsabwicklung in Geschäften, als digitale Geldbörse mit Guthaben und als Zahlungsmethode in physischen Geschäften über QR-Codes. Die Anwendung kann auch zum Aufladen vom Telefonguthaben, zum Bezahlen von Strom- oder Telefonrechnungen und zum Geldtransfer zwischen Nutzern verwendet werden.
Nach Angaben des Unternehmens hat jeder dritte Nutzer in Brasilien und Argentinien kein Bankkonto und nutzt Mercado Pago als einziges Zahlungsmittel.
Die Disruption eines traditionellen Bargeldmarktes
Bargeld ist in Lateinamerika nach wie vor die am weitesten verbreitete Zahlungsmethode für Einkäufe und das tägliche Geldmanagement. Peru, Mexiko und Kolumbien gehören laut einer Analyse von PaymentsCM zu den 13 Ländern mit der höchsten Bargeld Abhängigkeit weltweit. Bargeld hat Nachteile bei der Verwaltung, ist unsicherer und ermöglicht keinen Zugang zu den Kauf- und Verkaufsströmen, die online stattfinden, so die Experten von Hogan Lovells und Mercado Pago.
Die Zukunft liegt aber -wie so häufig- in der Schnittmenge beider Modelle. “Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Fintechs, traditionelle Banken und die Regulierungsbehörde zusammenarbeiten, um die finanzielle Integration zu schaffen”, schliesst Ramiro Nández von Mercado Pago.
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