27. 12. 2023

Buenos Aires (AT)Buenos Aires, wo die Stadt selbst ein Kunstmuseum ist”, so heißt es oft, wenn über die Hauptstadt Argentiniens gesprochen wird. In Dutzenden von Museen und Kunstgalerien werden die Werke neuer und bekannter Künstler ausgestellt, doch viele Talente präsentieren ihre Arbeiten auch unter freiem Himmel, etwa auf Straßen und in Parks auch in La Boca, dem vielleicht ältesten Viertel der Hauptstadt. Gerade hier hat die kulturelle Kombination aus europäischen und lateinamerikanischen Elementen viele Künstler dazu inspiriert, einen eigenen, neuen, Stil zu entwickeln.

Das Viertel, das sich in den 1920er Jahren als ein Ort unabhängiger Kultur- und Kunstbewegungen entwickelt hat. (quelle: perfil.com)

Das farbenfrohe Viertel erhielt seinen Namen, weil es sich an der Mündung (auf spanisch: Boca) des Riachuelo in den Rio de la Plata befindet, am südöstlichen Rand der Stadt. Wer an Argentinien denkt, denkt häufig an Fußball, Tango und Mate. Die Kombination prägt denn auch La Boca und vor allem Caminito, das wohl meistbesuchteste Hotspot für Besucher von Buenos Aires. Doch was viele nicht wissen ist, dass außerhalb der traditionellen Touristenpfade von La Boca ein Künstszene wartet, die in Lateinamerika ihresgleichen sucht.  

“Meine Version der berühmten Straße”, ein Aquarell des Künstlers Norberto Dorantes. (quelle:dibujosdearquitecto.com.ar)

Galerien, Museen, Theater, Kulturräume

La Boca ist heute einer der repräsentativsten und aktivsten künstlerischen Brennpunkte auf der kulturellen Landkarte der Stadt. Das so genannte “Viertel der Künste” beherbergt mehr als 8 Galerien, 11 Museen, 6 Theater, 4 Stiftungen, 7 Künstlerhäuser, 7 Bildungs- und Forschungseinrichtungen, 100 Künstlerwerkstätten, 9 Kulturräume und vieles mehr. In La Boca sprengt die Kunst damit ihre eigenen Grenzen und prägt das gesamte soziale und kulturelle Gefüge eines Viertels das zu den ärmsten der Stadt gehört aber auch zu einem, das seine Essenz durch die Zeit bewahren konnte.

“Benito de La Boca”: sein Viertel erinnert an den Künstler. (quelle: Wikipedia)

Der Künstler, der La Boca verändert hat

Doch alles, was heute die zeitgenössische Kunstszene in La Boca prägt, hat ihren Ursprung in der Kunstgeschichte dieses Viertels. Hauptsächlich von Benito Quinquela Martín (1890-1977), der argentinische Künstler, der der Grund für die markanten Farben des Boca-Viertels ist. Quinquela Martín, einer der bekanntesten Künstler in Argentinien, hat in seinem Kindheitsviertel La Boca zahlreiche Spuren hinterlassen. Seine Hafenbilder zeigen die Hektik, die Lebendigkeit und die Härte des täglichen Lebens Anfang des 19. Jahrhundert.

Wie kein anderer hat der Autodidakt Quinquela Martí die harte Arbeit im Hafen dargestellt. Mit übrig gebliebener Farbe der Schiffen bemalte er die tristen Blechhäuser von La Boca und kreierte sogar das Freiluft-Museum “Caminito”, zwei Wahrzeichen von Buenos Aires. 

Quinquelas Kunstwerke sind heute Kulturerbe. (quelle:buenosaires.gob.ar)

Die versteckte Kunstszene der Stadt

Sieben Jahre bevor La Boca zu El Distrito de las Artes wurde, entstand La Verdi, ein kollektives Projekt, ein Raum für Künstler*innen und Workshops in Buenos Aires und Mexiko. Koordiniert wird es von Ana Gallardo und Maggie Petroni. Zwei Kunstreferentinnen, die einen neuen Blick auf die Kunstszene vorschlagen.

Ana Gallardo, einer der großen Impulsgeberin der zeitgenössische Kunstszene in La Boca. (quelle:artealdia.com)

Anas Kurse haben die wichtigsten zeitgenössischen Künstler der Szene hervorgebracht, und auch Maggies Rolle als Künstlerin und Produzentin war entscheidend für die Entwicklung dieser Kunstszene. Ein weiteres Beispiel, in dem sich der ursprüngliche Geist von La Boca wiederfindet, ist das Colectivo Periferia, ein selbstverwaltetes Projekt, das 40 Künstler aus verschiedenen Städten der Provinz Buenos Aires zusammenbringt. Es wurde 2016 von Miguel Angel Ronsino gegründet und will die Kunst verschiedener Gemeinschaften austauschen und sichtbar machen.

Walters Werke verschönerten die Straßen von La Boca (Foto: Raúl Ferrari).

Das ist auch der Fall von Vicente Walter (1937-2002), einem Maurerkünstler, der La Boca liebte und seine verschiedenen Werke in der ganzen Nachbarschaft hinterlassen hat. Werke, die er mit einem Löffel und einem Eimer schuf. Seine sogenannte Street-Art wird noch heute von Einwohnern und Touristen aus aller Welt bestaunt. Seine Straßenkunst löste eine derartige Begeisterung und Engagement unter den Nachbarn aus, dass sie sich zum Vicente-Walter-Kollektiv zusammenschlossen, um seine Werke zu restaurieren und zu schützen.

Vicente Walter, der verstorbene Maurer-Künstler, der mehr als 400 Figuren in den Straßen Argentiniens hinterlassen hat. (quelle: perfil.com)

Es gelang ihnen sogar, eine Gesetzesvorlage zum Schutz seiner Kunst im Rahmen des Gesetzes zur Erhaltung des Kulturerbes auf den Weg zu bringen. Erneut tauchen die Werte auf, die die künstlerische und kulturelle Identität von La Boca begründen. Gemeinschaft, Zusammenarbeit und Experimentierfreude sind spürbar.

Es könnte dich interessieren

“Alles muss raus”: Der steinige Pfad der Privatisierung in Argentinien

Der Staat verwaltete in Argentinien bis zum Start der Regierung Milei rund 59 Unternehmen. Seit ...
18. 12. 2024

Talampaya-Nationalpark: Zwischen Prähistorie und deutschem Erbe

Der Nationalpark Talampaya in der Provinz La Rioja ist seit dem Jahr 2000 Weltkulturerbe der ...
15. 12. 2024

Logbuch des Klimawandels – Kap. 3: Wenn Räder zu Klimaschützern werden

Der deutsch-argentinische Journalist Esteban Engel hat lange Jahre für die Deutsche Presse-Agentur ...
13. 12. 2024

Javier Milei 2024: Ein Jahr zwischen Himmel und Erde

Javier Milei lässt ein Jahr anch seinem Start kaum jemanden kalt. Von Christian Lindner bis ...
10. 12. 2024
Flavio CannillaVon

Hacé tu comentario

Por si acaso, tu email no se mostrará ;)