09. 09. 2024

Stuttgart / Buenos Aires – Spätestens seit ChatGPT ist klar, dass Künstliche Intelligenz (KI) unser aller Zukunft prägen wird – und zwar in jeder Hinsicht. Nicht zuletzt sollen die Computerhirne die Transformation zur Klimaneutralität mit vorantreiben. Mit ihrer Hilfe lassen sich Millionen von E-Autos netzschonend dann laden, wenn es gerade grünen Strom gibt. Und dann entladen, wenn man sie als Speicher braucht. Können Gebäude energieschonend beheizt oder gekühlt werden. Lässt sich ein immer komplexeres Stromnetz effizient warten. Um nur wenige Beispiele zu nennen.

In Summe soll KI helfen, die Treibhausgasemissionen weltweit bis 2030 um etwa die Menge zu reduzieren, die heute die Länder der Europäischen Union produzieren.

Doch wie es so ist im Leben: Die Sache hat einen Haken. Denn KI hat nicht nur das Potenzial, Ressourcen zu schonen: Sie frisst auch enorme Mengen an Strom und Wasser. Alleine die KI-Rechenzentren werden in wenigen Jahren voraussichtlich so viel Strom verbrauchen wie ganz Argentinien pro Jahr. Der Energiehunger für die Entwicklung der großen Sprachmodelle, die Voraussetzung für ChatGPT & Co. sind, ist da noch gar nicht eingerechnet. Und so lange der nötige Strom nicht emissionsfrei erzeugt wird, fällt natürlich entsprechend CO2 dabei an.

Vereinzelt regt sich Widerstand

Das ist den Nachhaltigkeitszielen der Techgiganten natürlich alles andere als dienlich. Google berichtete für 2023 einen Anstieg seiner Treibhausgasemissionen um 13 Prozent. Verglichen mit 2019 sind sie um fast die Hälfte gewachsen. Hauptgrund: neue Rechenzentren, die für KI und Cloud Computing notwendig sind. Bei Microsoft betrug die Zunahme 2023 sogar 29 Prozent. Bis 2030 wollen die Konzerne eigentlich klimaneutral sein. Und auch die USA, zweitgrößter CO2-Emittent der Welt, könnten ihr Ziel verpassen, ihre Emissionen bis 2030 zu halbieren – nicht zuletzt wegen der Rechenzentren und trotz der Erfolge des IRA.

Für die Kühlung der KI-Datenzentren weltweit soll Schätzungen zufolge schon bald so viel Wasser benötigt werden, wie Großbritannien in einem Jahr verbraucht. Ein durchschnittliches Datenzentrum von Google beansprucht drei olympische Schwimmbecken voll Wasser am Tag. Kein Wunder regt sich in manchen US-Regionen, die besonders von Dürre betroffen sind, vereinzelt bereits Widerstand gegen immer neue Rechenzentren.

Künstliche Intelligenz, KI, Google, Energie
Der benötigte Energieverbrauch ist eine der Achillesfersen des KI-Versprechens.

Den Siegeszug der KI werden solche Kollateralschäden nicht aufhalten. Schon jetzt konkurrieren Staaten weltweit darum, sich als Standort für Rechenzentren zu positionieren. Gleichzeitig kann man Datencenter nicht einfach dorthin bauen, wo Wasser und Strom verfügbar und billig sind. Dafür sind viele Daten, die auf den Anlagen laufen, zu sensibel. All das ist ein Problem.

Die Einsparungen müssen den Verbrauch übersteigen

Aber es ist auch ein Ansporn, die Technik möglichst energieeffizient weiterzuentwickeln. Und gleichzeitig den Ausbau erneuerbarer Energien und der Energieinfrastruktur voranzutreiben. Überall. Auch in der Hoffnung, dass KI irgendwann tatsächlich deutlich mehr Ressourcen einspart als verbraucht.

An der Aufgabe, diesen Klartext zu erstellen, ist ChatGPT 4.0 übrigens gescheitert. Mehr als ein paar steif formulierte Thesen hat die KI nicht zustande gebracht. Selbst bei genauer Beschreibung des gewünschten Ergebnisses nicht. Aber schon diese – letztlich überflüssigen – 28 Prompts haben geschätzt 80 Wattstunden Strom verbraucht (siehe Abb.). Dafür hätte ich mir auch eine Tasse Kaffee kochen und paar Waffeln backen können.

Dr. Moritz Kraemer,
Chefvolkswirt und Leiter Research

LBBWResearch@LBBW.de

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