Nicht alles ist in diesem Tagen Wahlkampf in Argentinien. Oder doch? Fast unbemerkt unter den ständigen Hiobsbotschaften um Währungsstabilität und immer neuen Skandalen und Skandälchen hat die Deputiertenkammer des argentinischen Parlaments am Ende der kurzen letzten Woche die Gesetzesvorlage angenommen, die den Abbau von Flüssiggas (LNG) neu regelt.
Die Initiative sieht nach Angaben der Regierung Investitionen von US$ 40 Milliarden sowie ein Potential von bis US$ 8 Milliarden an Exporteinnahmen vor. Unter anderem würde es den Startschuss für den Ausbau des Megaprojekts Verflüssigungsanlage, die im Umfeld der Stadt Bahia Blanca entstehen soll. Bahia Blanca liegt an der Atlantikküste und beherbergt einen der größten Industriehäfen des Landes. Knapp eine Woche vor den alles entscheidenden Wahlen war der Jubel insbesondere in Kreisen der Regierung groß. Energiesekretärin Flavia Royon bezeichnete das Ergebnis der Abstimmung als einen „entscheidenden Schritt für unser Land, da es die Industrialisierung unseres Erdgases und die Schaffung von Arbeitsplätzen ermöglichen wird“. Die Wirtschaftsminister und Kandidat Sergio Massa untergeordnete Royón erklärte zudem: „Nachdem wir durch den Plan Gas, die die Versorgungssicherheit des heimischen Marktes sichergestellt haben, schaffen wir jetzt mit diesem Gesetz einen rechtlichen Rahmen für die internationalen Märkte“.
Was beinhaltet das LNG-Gesetz
Unter dem Namen “Förderregime für große LNG-Investitionsprojekte” verspricht die Initiative Sicherheiten bei Steuern und Auflagen über eine Zeitraum von 30 Jahre vor.
Betreiber von genehmigten Projekten erhalten einen freien Verwendungsbetrag von bis zu 50 % der aus den Exporten erzielten Devisen. Als Vorgaben bestimmt das LNG-Gesetz eine Mindestinvestition von US$ 1 Milliarden sowie eine installierte Mindestproduktionskapazität von einer Million Tonnen LNG pro Jahr, die innerhalb von maximal sechs Jahren erreicht werden müssen, berichtet das auf Energiethemen spezialisierte Medium +Mas Energía.
Zu den Vorteilen kommen gehören die beschleunigte Abschreibung der Einkommensteuer, die Anrechnung und/oder Erstattung der Mehrwertsteuer, ein maximaler Einkommensteuersatz von 30 %, die Verrechnung von Verlusten, der Abzug von Zinserträgen und Wechselkursdifferenzen aus der Projektfinanzierung sowie die Befreiung von Einfuhrzöllen und anderen Steuern, wenn keine inländische Produktion vorliegt.
Die Begeisterung war über den Erfolg der Abstimmung war aber auch unter den Gouverneuren der Provinzen groß, die am Abbauvorkommen Vaca Muerta beteiligt sind. Das 30.000 km2 große shale-gas und -öl Feld liegt in den Provinzen Neuquén, Rio Negro, La Pampa und Mendoza.
Vaca Muerta verfügt über Shale-Gasvorkommen, die eine Versorgung über einen Zeitraum von 250 Jahre ermöglichen. Im August schloß die Gaspipeline Nestor Kirchner die größte noch bestehenden Lücke für den Transport des Erdgases zu den wichtigsten Umschlageplätzen des Landes. Mit den Ausschreibungen für den zweiten Abschnitt der Gaspipelines und Reversal del Norte sehen die Pläne bis 2024 vor, Vaca Muerta-Gas nach Bolivien, Chile und Brasilien zu liefern.
Das staatliche Öl- und Gasunternehmen YPF hat etwa mit Malaysias Petronas ein Export-Abkommen unterzeichnet, das die Ausfuhr von 25 Millionen Tonnen pro Jahr vorsieht, was 465 LNG-Tankern entspricht. Bleibt die Frage, wie rechtzeitig die Regelung kommt: Experten gehen davon aus, das Europa in den nächsten Jahren seine Bedürfnisse in beim LNG weitestgehend abgedeckt haben wird. Zudem dürfte die Produktion aus den USA den Markt sättigen.
Die nächste Hürde: Abstimmung im Senat
Die Vorlage wurde im Unterhaus mit 126 Stimmen angenommen. Der Großteil stammte von Abgeordneten der amtierenden Regierungspartei Frente de Todos sowei den Parteien der Vaca Muerta-Provionzen. Die Opposition enthielt sich oder stimmte gegen das Gesetz. Unter den Nein-Stimmen war auch die des Favoriten im Rennen um das Amt des nächsten Präsidenten, Javier Milei.
Die Gesetzesvorlage kommt jetzt im Senat zur Abstimmung. Sollte sie auch dort eine Mehrheit finden, könnte es noch vor dem Abschied der scheidenden Regierung von Präsident Albert Fernández in Kraft treten.
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