Buenos Aires (AT) – Das Wirtschaftsforum und Kolloquium IDEA in Argentinien kann es an Größe und Umfang mit dem Weltwirtschaftsforum von Davos nicht aufnehmen. Doch es ist sicher nicht ganz falsch zu behaubten, daß IDEA für die lokale Unternehmerschaft zu den Pflichtterminen des Kalendersjahres in Argentinien darstellt. Ende letzter Woche war es wieder einmal soweit. Zum 60. Mal kamen in der Küstenstadt Mar del Plata, die Bosse großer, mittlerer und kleiner Firmen und Organisationen aber auch Regierungsinstanzen zusammen. Das Programm: drei Tage Vorträge, Paneldiskussionen, Gespräche. Es wird viel gegessen und noch mehr gesprochen. Vor allem hinter verschlossenen Türen, aber auch in den verwinkelten Gängen des Hotels Sheraton Mar del Plata, dem traditionellen Treffpunkt dieses seit ihrer ersten Ausgabe 1965 zur Institution aufgestiegenem jour fixe der argentinischen Unternehmerschaft, Politik und Gesellschaft. Der Slogan konnte nicht ambitionierter sein: “Umdenken; Investieren; Halten: Wenn nicht jetzt, wann?
Rekordverdächtig war dieses Jahr der Zulauf: mehr als 1.200 Teilnehmer zählten die Veranstalter des IDEA-Verbandes. Und das obwohl der Eintritt in diesem Argentinien des Jahres 2024 nichts für schwache Nerven war: zwischen EUR 900 und EUR 1.200 mußten die Gäste auf den Tisch legen, wollten sie mit dabei sein. Doch das Programm versprach und sah Live-Auftritte der vielleicht begehrtesten Namen de lokalen Wirtschaft vor. Unter ihnen: Federico Sturzenegger (Minister für Deregulierung und mastermind des größten Teils der ambitionierten Gesetzespakete unter der noch jungen Regierung Milei); Luis Caputo (Wirtschaftsminister) sowie der Chef selbst: Staatspräsident Javier Milei. All drei kamen. Und alle drei nahmen kein Blatt vor dem Mund.
“Wer Beschwerden hat, soll gerne zu mir kommen”
Vor allem Javier Milei zeigte sich vor “seinem” Publikum in bester Laune: „Ihr seid die Helden, die Argentinien wieder auf die Beine bringen und es wieder groß machen werden“. Ganz im Stile eines Donald Trump doch mit sehr viel mehr Wissen garniert machte Milei aus seinem Hauptanliegen von Anfang an kein Geheimnis: die lokale Unternehmerschaft endlich dazu zu bewegen, im großen Stil in Argentinien zu investieren. Und die weiterhin bestehenden Zweifel an seiner kompromißlosen Ordnungspolitik abzubauen, vor allem mit Blick auf das Inland.
Zum Dreh- und Angelpunkt seiner Rede im dichtbepackten Konferenzsaal im Untergeschoß des Hotels wählte MIlei das Programm zur Förderung von Grobinvestitionen “RIGI”. „Wer Beschwerden hat soll gerne zu mir kommen. Ich bin der Schuldige. Denn Ich habe das Paket abgesegnet und ich hatte mehr als aktive Rolle bei dessen Ausformulierung. Denn mein erklärtes Ziel ist es, den Politikern ein für alle Mal und für alle Zukunft die Hände zu binden. Sie sollen Eure Projekte und Vorhaben nicht mehr stören können; nie wieder. Deshalb bieten wir auch im Rahmen dieses Programmes die Wahl zwischen drei internationalen Gerichtsbarkeiten an. Ihr und jeder der teilnimmt soll die Möglichkeit haben den Gerichtsort zu wechseln, wenn die lokale Justiz ihre Entscheidung verzögert und nicht liefert”, erklärte Milei.
Konkret bezog sich der gelernte Ökonom dabei auf die Sektoren, die unter ausländischen Investoren wegen ihres Wettbewerbspotenzials auf das größte Interesse stoßen: Oil&Gas, Bergbau, Landwirtschaft, Künstliche Intelligenz. “Das RIGI hat bereits heute konkrete Investitionsankündigungen im Gegenwert von mehr als US$ 50 Milliarden Dollar und ich verspreche Euch schon jetzt: die Rendite dieser Projekte wird enorm sein“, versprach er in einem Ton, der vielleicht nicht von ungefähr nach Donald Trump klang.
Das Ende der Devisenkontrollen
Die von der Unternehmerschaft aber auch von Märkten und Verbrauchern im in- und Ausland sehnlichst erwartete Entscheidung adressierte Milei allerdings mit dem seit Monaten sich wiederholenden Versprechen: die Devisenkontrollen -“Cepo”- rund um US-Dollar und Euro werden erst abgeschafft, wenn sich die monatliche Inflationsrate unter der 2%-Marke eingependelt habe. Zur Erinnerung: Im Dezember 2023 verlor der argentinische Peso noch über 23% seines Wertes gegenüber dem Vormonat. Knapp neun Monate später liegt die Abwertung heute bei monatlichen 3,5% (September zu August 2024).
Milei bemühte sich seinem Publikum Mut zu machen und die Geduld nicht zu verlieren: „In diesen Tagen liegt die Inflationsrate im Großhandel bei 2%. Im Einzelhandel und für den Gesamtmonat Oktober erwarten alle Berater bereits eine Zahl von 3%. Und sobald wir die 2%-Marke erreichen, wird sich klar abzeichnen was mit dem Cepo passiert. Und Ihr wisst es bereits heute“, gab sich Milei geheimnisvoll. Sein stärkster Appell kam zum Schluß mit Blick auf die Investitionen, die auch von ausländischen Beobachtern immer wieder als conditio sine qua non eingefordert wird: “Ihr müßt jetzt investieren. Denn wenn nicht jetzt, wann dann? Der Moment ist jetzt. Denn damit dieses Modell Bestand hat, muss es Wachstum geben, und Wachstum kann nur kommen, wenn Ihr als das agiert, was Ihr seid: Unternehmer“, schloss er. Das Idea Kolloquium hat in seiner langen Geschichte nicht immer mit so klaren Worte geendet.
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