Buenos Aires (AT) – Noch immer werden technische und naturwissenschaftliche Berufe von Männern dominiert. Und auf dem STEM oder, auf deutsch, MINT-Arbeitsmarkt herrscht Fachkräftemangel. STEM ist die Abkürzung für Science, Technology, Engineering and Mathematics (Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik). Immer noch studieren viel weniger Frauen studieren heutzutage MINT-Fächer und arbeiten später in technischen Berufen als Männer. Zwar wurden in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht, doch trotz aller Kampagnen und Emanzipation ist der Frauenanteil in MINT Berufen noch immer niedrig. Das zeigte das GLI LATAM – Forum 2024, das Anfang Juni in Buenos Aires stattfand.
Das GLI LATAM Forum ist eines der in Lateinamerika wegweisenden Treffen zum Thema Gender Investment. Die fünfte Ausgabe in der Usina del Arte in Buenos Aires vom 4. bis 6. Juni 2024 von Pro Mujer organisiert. Das Argentinische Tageblatt war vor Ort und konnte belegen warum die Veranstaltung mit mehr als 200 Teilnehmern ihre Bedeutung als regionale Plattform gilt zum Lernen, Austausch von Ideen und Entwicklungen innovativer Lösungen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung und der wirtschaftlichen Entwicklung in Lateinamerika.
Das Hauptziel des GLI LATAM 2024 Forums war die Förderung geschlechtergerechter Investitionen (Gender Responsive Investment – GLI). Das GLI gilt als ein Mechanismus, das darauf abzielt, gerechtere und wohlhabendere Volkswirtschaften zu schaffen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Investitionen in Frauen und in Unternehmen, die die Diversität fördern, nicht nur eine ethische Entscheidung sind, sondern auch eine Strategie, die erhebliche wirtschaftliche Erträge bringen kann.
Im Rahmen des Panels “InspiraTECH: Frauen überwinden Barrieren im STEM-Bereich” diskutierten Paula Szenkman, Melina Masnatta, Nataly Vasquez Alzamora und diskutierten über die Herausforderungen und Chancen für Frauen in den Bereichen Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik diskutierten und darüber, wie geschlechtsspezifische Hürden in diesen Bereichen überwunden werden können.
Paula Szenkman ist Leiterin des Programms für wirtschaftliche Entwicklung bei Cippec (Zentrum zur Umsetzung öffentlicher Politiken für Gerechtigkeit und Wachstum). Cippec ist ein think-tank mit Sitz in Buenos Aires. Die Universität von Pennsylvania wählte es ihrem letzten Jahresbericht zu einem der zehn einflussreichsten seiner Art in Lateinamerika. Das Institut untersucht seit mehreren Jahren Daten über die Gender-Gap in den MINT-Berufen. “Bei Cippec haben wir eine Reihe von Studien durchgeführt, nicht nur für Argentinien, sondern für ganz Lateinamerika. Wenn wir über MINT-Sektoren sprechen, sprechen wir über Sektoren, die in unserer Region US$ 1 von 10 unserer Wirtschaftsleistung ausmachen. Sie machen fast 25 % der Exporte aus. Die MINT-Sektoren haben eine viel größere Bedeutung und ein viel größeres Potenzial, als uns manchmal bewusst ist”, erklärte die Wirtschaftswissenschaftlerin, und fügte hinzu “Trotz dieses Potenzials ist die Beteiligung von Frauen in allen Sektoren geringer als im Durchschnitt. Das lässt sich an der Tatsache ablesen, dass weniger als ein Drittel der Beschäftigten in den MINT-Sektoren Frauen sind.“
Melina Masnatta, Unternehmerin und Expertin für Technologie, Bildung und Diversität, teilte ihre Sichtweise. Sie bestätigte, dass es eine Agenda, Daten und strategische Investitionen für Geschlechterintegration in der MINT-Welt gibt. Die große Herausforderung für den Sektor sei jedoch die Intersektionalität, so die Expertin. „All diese Intersektionalitäten, die Frauen in Lateinamerika betreffen. Und ein wesentlicher Punkt ist, wie wir es schaffen, dass dies nicht nur eine Mode ist. Was man Pinkwashing nennt, aber ich würde noch Tech-Washing hinzufügen”. Die Unternehmerin erklärte die Kluft zwischen den Geschlechtern habe sich nicht verringert. Im Gegenteil, immer weniger Frauen engagieren sich in MINT-Fächern. Deshalb dienen Treffen und Diskussionsrunden wie diese dazu, auf das Problem aufmerksam zu machen und gleichzeitig Frauen zu ermutigen, fasste sie ihren Kommentar zusammen.
Fast alle Frauen in Führungspositionen auf dem Podium waren sich einig, dass die MINT-Bereiche nicht auf die Förderung von Frauen ausgerichtet und vorbereitet sind. Melina Masnatta bot dafür das folgende Beispiel: “Frauen müssen sich übermäßig anpassen. Das ist so, als würde man einen Schuh in Größe 36 bekommen, obwohl man eigentlich Größe 38 hat. Es passt nicht”.
Nataly Vasquez Alzamora, Gründerin und CEO von STEMLAB, Kommunikatorin und Nachhaltigkeitsberaterin, die aus Peru zum GLI-Forum anreiste, erklärte wie wichtig die Bildung und Erziehung für die künftigen Frauen in MINT Bereichen ist. Nataly betonte, den Stellenwert, den weibliche Vorbilder weiterhin haben, und erklärte: „Man muss ihnen (dem Nachwuchs) die Liebe zur Wissenschaft vermitteln“.
Paola Sierra, Managerin für Allianzen und Beziehungen bei Laboratoria, ergäntzte, dass die größte Herausforderung in den Jugendjahren entsteht, wenn einem jungen Mädchen gesagt wird: Wissenschaft ist nichts für Frauen. “Wir müssen mehr glauben und träumen. Wir dürfen die MINT-Welt nicht als etwas Unmögliches ansehen”. Die managerin aus Kolumbien fügte hinzu: “Es ist schwierig, in die MINT-Welt einzusteigen. Noch schwieriger ist es, dort zu bleiben oder sich im Berufsleben weiterzuentwickeln”. Einmal drin, was nun?: Sierra kritisiert diese nicht-integrative Arbeitskultur, die in vielen Fällen dazu führt, dass Frauen nicht aufsteigen oder ihren Arbeitsplatz verlassen. Nur 52 Frauen von 100 werden in ihren MINT-Berufen befördert, schloß die Kolumbianerin.
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