Buenos Aires / Hamburg (AT) – Micha Zauner kann Risiko. Der promovierte Geophysiker ist Gründer und CEO von Deutsche E-Metalle AG (DEM). Das Unternehmen hat sich auf die Entwicklung von Projekten im Umfeld kritischer und strategischer Metalle und Minerale spezialisiert. Seit 2021 ist DEM im Norden von Argentinien im Zukunftsmarkt Lithium unterwegs. Genauer gesagt in der Provinz Catamarca, die mit ihren Nachbarprovinzen Salta, Jujuy und Tucumán zum Lithium-Dreieck zwischen Argentinien, Bolivien und Chile gehört. Dort, auf 4.000 Metern über Normal Null, führt Zauners Unternehmen im Joint Venture mit der Lithium Mining Corporation (LMC) die Explorationsarbeiten für ein Lithium-Projekt, das potenziell 6 Millionen Tonnen des für die E-Mobilität entscheidenden Minerals liefern könnte. Die DEM-Unternehmung hat Lizenzen über 70.000 Hektar im Gebiet Carachi Blanco in der Nähe der Ortschaft Antofagasta de la Sierra, 10 km von der Grenze zu Chile und 562 km von der Provinzhauptstadt San Fernando del Valle de Catamarca entfernt.
Partner LMC ist ein in den USA angesiedeltes Unternehmen. Das Managementteam besteht allerdings aus Vertretern der neuen argentinischen Unternehmergeneration. „Einen lokalen Partner zu haben war entscheidend, um das Projekt zum Laufen zu bringen“, erklärt Zauner mit Blick auf die Herausforde-rung, die der Markt Argentinien auch im Jahr der Öffnung unter der Regierung Milei darstellt.
Zauner weiß aus erster Hand, wovon er spricht. Der heute 38-jährige Unternehmer war zwischen 2006 und 2008 im Rahmen eines Sozialprojektes in Argentinien tätig. In den zwei Jahren hat Zauner in Villa Jardín, einem der ältesten Armenvierteln des Landes, als Sozialhelfer gearbeitet und gelebt. Zur Einordnung: Am Fluss Riachuelo und im Südwesten der Haupstadt Buenos Aires gelegen, ist Villa Jardín mit knapp über 50.000 Einwohner auch eines der größten Ansiedlungen dieser Art in Argentinien. Zauner kennt das Land in seiner besten aber auch in seiner ärmsten Dimension.
Im Rahmen des Lateinamerika-Tages 2024 war der in Dresden ansässige Entrepreneur in Hamburg, um die Entwicklung des DEM – Projektes vorzustellen. Im Vorfeld sprach er exklusiv mit dem Argentinischen Tageblatt und erläuterte warum sein Beispiel Schule machen kann.
Argentinisches Tageblatt: Europa -und insbesondere Deutschland- haben einen immer greifbareren Mangel an kritischen Mineralien. Lithium steht ganz oben auf der Liste. Wie kam es dazu, dass ein Dresdner Unternehmen bis ans Ende der Welt ging, um im ewig volatilen Argentinien zu investieren?
Dr. Micha Zauner: Das ist ganz einfach.Argentinien verfügt über Lithium Vorkommen in höchster Qualität. Es ermöglicht eine Produktion zu den im weltweiten Vergleich niedrigsten Preisen und mit dem geringstmöglichen CO2-Fußabdruck, wenn zur Produktion state oft he art-Technologie verwendet wird, wie wir das im Verbund mit deutschen Ingenieursbüros und F&E-Entwicklung bei DEM tun. Außerdem bietet Argentinien Lagerstätten in der besonderen Form von Solen in Salzseen. Und es gibt inzwischen genügend Belege, dass sich das dort verortete Lithium auch langfristig produzieren lässt, wie es die Projekte von Produzenten wie Posco, Arcadium oder Rio Tinto nur belegen. Nicht zu vergessen, der jüngst in die Produktion gegangene französische player Eramet. Alles zusammen zeigt, dass in Argentinien nicht nur das das Potenzial für Lithium das ist, sondern das es auch liefern kann. Das Argentinien volatil oder auch instabil ist richtig, doch genauso richtig ist, dass das Land in jüngster Zeit auch einen immer klareren Investitionsrahmen bietet.
Nach knapp zwei Jahren, wo steht das Projekt von DEM heute?
Nach diesen zwei Jahren steht das DEM-Projekt wo wir es bei Explorations- und Projektbeginn verortet haben (Anm. d. Red. siehe Grafik unten): Wir haben die wichtigen Meilensteine wie Geophysik, Kartierung und die ersten Testparameter erfolgreich erreicht. Das heißt: wir haben oberflächennah Proben gezogen, um die Qualität der anstehenden Sole zu analysieren. Alle rechtlichen Bedingungen sind geklärt; alle Gebühren für die Explorationslizenzen bezahlt. Wir haben außerdem die Umweltverträglichkeitsstudie erfolgreich eingereicht und die Bohrgenehmigungen erhalten. Und wir haben die geophysikalisch-geologisch relevanten und nicht invasiven Explorationstätigkeiten vor Ort durchgeführt. Das heißt, wir haben in diesen zwei Jahren eine Datengrundlage geschaffen, die es uns erlaubt hat, die Auswahl der Bohrlokalitäten festzulegen, um jetzt mit dem nächsten Meilenstein der konkreten Bohrung starten zu können.
Welche war die größte Herausforderung in diesen zwei Jahren?
Die größte Herausforderung war tatsächlich die überbordende Bürokratie. Das hieß für uns immer wieder Anträge, Genehmigungsverfahren, Dokumente im Original einreichen zu müssen. Alle mit vereidigter und vom Notar beglaubigter Übersetzung versehen. Das bedeutete viele, viele Notartermine und vor allem einen sehr großen Zeit- und Kostenaufwand.
Wo lag Ihr größter Erfolg?
Das wir uns im Zeitplan alle nötigen Daten erarbeiten konnten und die Bohrgenehmigung schnell erhalten konnten. Auf dieser Grundlage konnten wir, wie gesagt, die Hürden hinter uns lassen und können nun starten das Projekt zu „erbohren“, um so die Planung durchzuführen, die es uns erlaubt, das Projekt in die Produktionsphase überführen zu können. Und dass wir dafür, mit der gesamten umliegende Bevölkerung so arbeiten konnten, dass sie unser Projekt unterstützt und wir damit dann auch die „social licence to mine“, getreu unseren ESG-Vorgaben und -Anspruch haben.
DEM ist seit dem Start in Argentinien mit der us-argentinischen Firma Lithium-Mining-Corporation (LMC) im joint venture verbunden. Wie hilft dieses Modell bei der Erschließung eines Marktes wie Argentinien?
Wir hatten schon vor dem Start definitiv beschlossen, das Projekt mit lokalen Partnern vor Ort durchzuführen und zu bearbeiten. Der Grund ist, dass man so ein lokales Team vor Ort hat, das lokal vernetzt ist und einen engen Kontakt zu den Kommunen, zur Bevölkerung, zu den Behörden und allen weiteren Projekt-Stakeholdern halten kann. Und dafür haben wir das joint venture auch als geteilte Partnerschaft konzipiert, damit nicht nur das Risiko, sondern auch die Gewinnchance bei den Argentiniern liegen kann. Das heißt, wenn sich das Projekt, wie wir es erwarten, erfolgreich entwickelt, partizipieren die argentinischen Investoren. Gleichzeitig sind wir im Sinne des ESG näher an der Bevölkerung und können die Wertschöpfungskette in Argentinien ausbauen, um die lokalen Ressourcen auszubauen und schließlich auch die Synergien zwischen beiden Ländern zu fördern. Im Rückblick kann ich nur sagen, dass sich die erwarteten Vorteile des joint venture bestätigt haben.
Wie sind die Anteile verteilt?
Die lokalen Partner halten 45% des Projektes; DEM 55%.
Im September machte die Regierung Milei das Förderprogramm für Großinvestitionen RIGI amtlich. Wie muss / kann sich ein ausländischer Investor die Wirkung des RIGI vorstellen und welche reellen Erwartungen kann er daran haben?
Das RIGI bietet weitreichende und langfristige Rechtssicherheit und massive Steueranreize. Das sind die wichtigsten Punkte für ausländische Investoren. Wie bekannt ist, gilt RIGI für Projekte wie dem unsrigen, die ein Investitionsvolumen von mindestens US$ 200 Millionen innerhalb der ersten zwei bis drei Jahre erfordern. Ein weiterer Vorteil ist, dass Verluste länger vorgetragen oder auch an Dritte übertragen werden können. Der wichtigste Punkt bleibt aber -wie schon erwähnt- die Erleichterungen in Steuer, Devisen und Regulierungsangelegenheiten, die über 30 Jahre bestehen bleiben. Damit ist das RIGI-Programm, für einen langfristigen Zeitraum -für Dekaden- konzipiert. Für Sektoren wie dem Bergbau ist das entscheidend, denn es erlaubt Projekte von der Exploration in die Produktion zu überzuführen. Argentinien kann damit den Grundstein legen, um sich in wenigen Jahren zu einem der weltweit führenden Lithium-Produzenten zu entwickeln.
Wieviel hat DEM seit dem Start in das Projekt bereits investiert?
Was ich sagen kann, ist dass wir einen zweistelligen Millionenbetrag investiert haben.
Welche Empfehlung geben Sie ausländischen Investoren im Lithium-Sektor nach ihren ersten zwei Jahren im argentinischen Wirtschafts-Umfeld?
Meine Empfehlung ist, dass sie sich mit Kennern der lokalen Gegebenheiten zusammentun, sich beraten und sich dann ausreichend Zeit nehmen, um ihr Projekt zu bewerten. Und, dass sie wirklich vor Ort sind, mit lokalen Anwaltskanzleien zusammenarbeiten, um alle Aspekte der due dilligence abzudecken. Ich empfehle eine langfristige Planung um damit auch die für einige Zeit noch zu erwartende Volatilität in Argentinien einzuberechnen. Aber ich empfehle ihnen auch nicht zu warten, sondern jetzt einzusteigen und die Delle im Lithiumpreis zu nutzen, die sicher sich über die nächsten zwei Jahre hinziehen kann. Auf diese Weise können sie die derzeit günstigen Einkaufspreise mitnehmen, und diese dann in den Phasen der Verknappung, die zum Ende dieses Jahrzehnts definitiv zu erwarten sind, nutzen.
Wie beurteilen Sie den jüngsten deal von Río Tinto, das die auch im lokalen Lithium-Sektor tätige Arcadium für US$ 6,7 Milliarden übernommen hat?
Es befeuert das eben Gesagte und zeigt das langfristige Potenzial des Landes. Es bestätigt aber vor allem, dass die regulatorischen Rahmenbedingungen in Argentinien inzwischen stimmen, so dass auch kleinere Investoren, sich in das Land begeben können und hier im Lithium-Sektor partizipieren können.
Wie geht es für DEM im Jahr 2025 weiter?
DEM wird im Jahr 2025 seine erste große Bohrkampagne beenden. Wir haben das Ziel, die Ergebnisse im ersten Report NI43101 zu veröffentlichen. Das sind Berichte, die von zertifizierten Sachverständigen gemacht werden. Dieser erste technische Bericht soll ein Ressourcenschätzung beinhalten, um eine vorläufige ökonomische Bewertung des Projekts abzubilden. Und darauf basierend sollen dann neue Aktionäre und Investoren gesucht und aufgenommen werden können. Das Ziel: das Projekt aus der Machbarkeits-Phase in die Produktion zu führen.
Was für ein Kapitalbedarf werden Sie in dieser nächsten Phase haben?
Bis zum Ende der jetzigen Phase ist die Finanzierung, wie gesagt, bereits abgedeckt. In der nächsten könnte der Bedarf im Rahmen von US$ 15 bis 30 Millionen liegen.
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