Buenos Aires (AT) – Vereint, organisiert und auf den Straßen: Seit mehr als 100 Jahren setzt der Frauentag ein Zeichen für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Insbesondere das Wahlrecht stand anfangs für Frauen im Fokus, doch im Laufe der Jahre wurden immer mehr Themen behandelt. Woher der Frauentag kommt und was sich in Argentinien unter neuen Regierung ändert:
Zu Beginn dieses Jahres bezeichnete Javier Milei, Präsident Argentiniens auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, den Feminismus als “lächerlichen und unnatürlichen Kampf zwischen Männern und Frauen”. Der Pressesprecher des Präsidenten, Manuel Adorni, erklärte, dass die Abschaffung des Gesetzes über die Unterbrechung der Schwangerschaft heute nicht auf der Tagesordnung stehe, der Präsident aber nicht ausschließe, das Thema zu einem späteren Zeitpunkt zu behandeln. Vor einigen Tagen hatte sich der Präsident jedoch vor Schülern und Lehrern mit scharfen Worten gegen Abtreibung ausgesprochen und auf “die Mörder der panuelos verdes (Kampfsymbol der argentinischen Feministinnen, a.d grünen Tücher)” hingewiesen. “Abtreibung ist ein Mord”, so der Präsident.
Die Spannung bei allem was die Regierung rund um Gleichberechtigung und Diversität tut ist spürbar. Der Konflikt, fast zwangsläufig. In den letzten drei Monaten hat die Regierung das Ministerium für Frauen, Gender und Diversität geschlossen. Zudem legten Abgeordnete des Blocks La Libertad Avanza einen Gesetzentwurf vor, der darauf abzielt, das Gesetz über die freiwillige Unterbrechung der Schwangerschaft (auf Spanisch IVE) aufzuheben und diejenigen zu bestrafen, die Abtreibungen durchführen. Wenige Stunden nach der Veröffentlichung des Vorschlags stellten Sprecher der Exekutive klar, dass dies ohne Konsultation geschehen sei und dass die Regierung nicht der Meinung sei, dass dies der richtige Zeitpunkt für eine Debatte sei.
Die argentinischen Feministinnen wollen s dabei aber nicht belassen: “Wir waren eine Flut, wir werden ein Tsunami sein. Der Feind ist nicht der Feminismus, er ist die faschistischen Rechte”. Für Luci Cavallero, feministische Soziologin und Mitglied des Kollektivs “Ni Una Menos”, ist gerade dieser 8M 2024 “eine der besondersten in der Geschichte”, erklärte sie gegenüber France24 mit. “Es gibt einen systematischen Angriff auf die Lebensbedingungen aller Frauen, insbesondere derjenigen aus den Volksschichten”, so Cavallero. Dementsprechend soll auf der traditionellne “8M- Demo” der Slogan lauten: “Gegen Hunger, Anpassung und Repression”.
Mittlerweile wird der Jahrestag als “feministischer Kampftag” bezeichnet. “Hier geht es um viel mehr als nur ein Mahnmal für Frauen. Viele Feministinnen möchten so darauf hinweisen, dass es nicht schlichtweg darum geht, die Aufmerksamkeit auf uns Frauen zu lenken. Es geht darum, für mehr Rechte zu kämpfen und gegen die vorherrschende Gewalt gegen Frauen mit dringender Notwendigkeit vorzugehen”, so Cavallero.
Die Ursprünge des Weltfrauentages
Den ersten nationalen Frauentag beging die Sozialistische Partei in den USA am 28. Februar 1909: Frauenrechtlerinnen erinnerten an einen Streik der Textilarbeiterinnen in New York, die für bessere Arbeitsbedingungen gekämpft hatten. Die Idee des Internationalen Frauentages stammt von Clara Zetkin (1858–1933). Die deutsche Sozialistin schlug auf der Zweiten Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in Kopenhagen die Einführung eines solchen Tages vor. Am 19. März 1911 fand der internationale Frauentag erstmals statt. Zentrales Ziel war auch hier das Wahlrecht für Frauen.
1918 führten die Forderungen zum Erfolg: Das aktive und passive Wahlrecht für Frauen wurde gesetzlich verankert. Der 11. November 1951 durften auch Frauen in Argentinien ihr Wahlrecht ausüben. Das Ereignis beendete einen langen Kampf, der von argentinischen Frauen wie Alicia Moreau und Julieta Lanteri angeführt worden war, die einen grundlegenden Präzedenzfall schufen. In der Haupstadt Buenos Aires erinnert heute ein das Viertel Puerto Madero an die Frauen, die mit ihrem Beispiel die argentinische Geschichte prägten.
Die Geschichte von “Ni Una Menos“
Aus der Tradition des feministischen Aktivismus in Argentinien ist auch “Ni Una Menos” (Anm. d. Red.: Nicht eine weniger) entstanden. Die Gründung von Ni Una Menos geht auf eine Marathonlesung vom März 2015 in Buenos Aires zurück, bei der Autor:innen, Akademiker:innen und Aktivist:innen Texte vortrugen, die sich gegen jüngste Femizide richteten. Am 3. Juni fand die erste Demonstration von Ni Una Menos statt, mit über 250.000 Teilnehmerinnen. Die Bewegung verbreitete sich schnell auch in anderen Ländern, und “Ni una menos” wurde zu einem Slogan, der von Feminist:innen in ganz Lateinamerika und darüber hinaus verwendet wurde. Ni Una Menos sieht sich als Teil einer größeren internationalen Bewegung. So wird etwa in ihrem Manifest aus dem Jahr 2017 die “kollektive und internationale Geschichte” betont, aus der Ni Una Menos hervorging.
Auch das Thema Abtreibung wurde zu einem zentralen Anliegen der Bewegung: Für Ni Una Menos ist der fehlende Zugang zu einer legalen, sicheren und kostenlosen Abtreibung eine Bedrohung für die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Menschenrechte von Frauen. Im Dezember 2020, legalisierte Argentinien die Schwangerschaftsabbrüche.
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