Buenos Aires / Córdoba (AT) – Es war ein anderer Javier Milei, der sich am Samstag in der Stadt Córdoba, anlässlich der Feierlichkeiten zum 25. Mai präsentierte. Mehr Staatsmann, denn showman, gab sich der argentinische Staatspräsident leiser, vermittelnder. Der Staatspräsident war in Begleitung seines gesamten Kabinetts nach Córdoba gereist, um hier des 25. Mai 1810 zu gedenken. An diesem Tag gedenkt Argentinien alljährlich der Wahl zur ersten Volksvertretung, die den politischen Prozess einläutete, der sechs Jahre später (1816) mit der endgültigen Loslösung von Spanien in der Unabhängigkeit endete.
Milei kam mit leeren Händen nach Córdoba, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Herzen des Landes. Weder den sogenannten Mai-Pakt konnte er präsentieren noch das seit Wochen im Parlament verhandelnde Grundlagen-Gesetz Ley Bases. Milei hatte im März bei seiner ersten Rede vor dem Parlament nach Ende der Sommerpause, Abgeordneten und Landesregierungen die Unterzeichnung einer Zehn-Punkte-Charta -einen sogenannten „Mai-Pakt“- mit dem sich die argentinische Gesellschaft und Politik zur Neuordnung des Staatswesens und Wirtschaft verpflichten sollte. Voraussetzung und rechtliche Grundlage des Mai-Paktes sollte das Gesetzespaket der „Ley Bases“ sowie eine angebundene Fiskalabkommen, eine Art „Schuldenbremse“, sein. Die Ley Bases steckt derzeit im Senat fest, so das es zu der von der Regierung erhofften und medienwirkasamen Inszenierung in Córdoba nicht kommen konnte.
Ein neuer Anlauf zum “Mai-Pakt”
Milei ließ den Termin trotzdem nicht ungenutzt verstreichen. Ohne auf seine übliche und aggressive Angriffs-Rethorik zurückzugreifen, gab er sich ganz als Landesvater. Er erneuerte in einer leidenschaftlich doch für seine Verhältnisse ruhig vorgetragenen Rede seinen Aufruf an die Parteien, die Provinzgouverneure weiter an dem Abschluss der Ley Bases zu arbeiten, um so in Kürze den Grundlagen-Vertrag des „Pacto de Mayo“ zu unterzeichnen. Für den Fall einer baldigen Verabschiedung des Gesetzespaketes lockte Milei mit massiven Steuersenkungen.
Vor rund 6.000 angereisten Anhängern kündigte Milei dafür auch die Bildung eines eigenen Experten-Rates, deren Aufgabe es sein soll, die Gesetzesentwürfe für die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Reformen vorab auf ihre Machbarkeit zu sondieren. Der Experten-Rat soll sich jeweils aus einem Vertreter der Regierung, Provinzen, Abgeordnetenkammer, Senat, Gewerkschaften und Unternehmerschaft zusammensetzen. Einen Termin oder Vorgehensweise zur Zusammensetzung desselben nannte Milei allerdings nicht. “Kein Streit, Konflikt oder Konfrontation unter seinen Vertretern; keine Spekulation noch Milchmädchenrechnung kann und darf die Verarmung unseres Landes rechtfertigen”, unterstrich Milei, bezugnehmend auf die seit März andauernden Debatten.
Dass der neuerliche Vorschlag der Regierung in Bezug auf den Mai-Pakt heiße Luft ist, glauben Beobachter nicht. In Medien wie La Nacion oder Clarin erklärten befragte Analysten, Milei habe die Schwäche -sprich die jetzt verpasste deadline- genutzt um neuen Druck auf Politik und Provinzregierungen auszüben und Zeit zu gewinne, um mit seinen ambitionierten Reformpaket den letzten Schub zu geben. Die Regierung hofft in den nächsten Wochen den Widerstand im Senat -dem argentinischen Oberhaus- gegen das Gesetzes-Paket durch zusätzliche Änderungszusagen überwinden zu können. Die Änderungen müsste in dem Fall zwar erneut von der Deputierten-Kammer (dem Unterhaus) bestätigt werden, doch kann die Regierung im Unterhaus auf größere Zustimmung rechnen, hatte das Unterhaus doch bereits den ersten Entwurf angenommen. Zudem signalisieren in den letzten Tagen auch immer mehr Stimmen aus dem mächtigen Gewerkschaftsverband CGT Zustimmung für die Reformpläne Mileis, die die Ley Bases beinhaltet.
Mit seinem Auftritt in Córdoba belegte Javier Milei, dass er trotz Rock-Star-Allüren, „Kreissägen-Politik“ und Elefanten-Schritten auf dem diplomatischen Parkett bereit ist, auf dem innenpolitischen Schachbrett Argentiniens mit leiseren Tönen zu spielen.
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