Buenos Aires (AT) – Jeder Präsident kann versuchen, China zu ignorieren, aber Chinas Einfluss in der Welt zu ignorieren kann er kaum. Argentiniens Präsident Javier Milei zeigt sich da von seiner prganmatischen Seite: Er bestätigte in jetzt in einem Interview, dass er Anfang 2025 die Volksrepublik China besuchen wird, im Rahmen eines Gipfeltreffens der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC). Milei erklärte, dass die Annäherung zum vermeintlichen “Systemfeind” seit einiger Zeit laufen und sich nach einem Treffen mit dem chinesischen Botschafter in Argentinien, Wang Wei, beschleunigten haben. Die Annäherung stellt eine Wende im Diskurs und in der Positionierung des Liberalen gegenüber dem Lande der Mitte dar.
Milei hatte während des Präsidentschaftswahlkampfes 2023 die chinesische Regierung hart kritisiert. Der kritischste Moment kam nach seiner Amtseibführung im Dezember letzten Jahres. Der Grund: Milei traf sich der mit dem taiwanesischen Vertreter in Argentinien, Miao-hung Hsie.
Trotz dieser Spannungen hatte Peking danach die Tilgungsfrist argentinischer Schuldenzahlungen verlängert. Die argentinische Zentralbank musste US$ 5 Milliarden nicht sofort an ihren chinesischen Partner zahlen; die Zahlung wurde bis Mitte nächsten Jahres aufgeschoben.
Chinas breit aufgestellte Projektpalette in Argentinien
Mitglieder der Regierung Milei sendeten danach verschiedentlich Signale der Annäherung nach Peking. Heute gelten in der Casa Rosada die Beziehungen zu China als „pragmatisch“. Der Pragmatismus fokussiert auf die Sicherung frischen Geldes für die Staatskasse. So wurden auch die Verhandlungen über die Fertigstellung der Staudämme Néstor Kirchner und Jorge Cepernic in Santa Cruz wieder aufgenommen, deren Baukosten mehr als US$ 4 Milliarden betragen.
Die Staudämme, die zu den größten Wasserkraftwerken außerhalb Chinas zählen werden, wurden während der zweiten Amtszeit von Cristina Fernández in Auftrag gegeben, aber unter den Regierungen von Mauricio Macri und Alberto Fernández aus verschiedenen Gründen gestoppt.
Ein weiteres Projekt, das reaktiviert werden soll, ist die Modernisierung der Belgrano Cargas. Die chinesische Investition soll sich auf rund 700 Millionen Dollar belaufen. Die Annäherung an die Regierung von Xi Jinping hat auch mit dem Interesse chinesischer Unternehmen zu tun, im Nordwesten Argentiniens zu investieren, um Lithiumabbauprojekte zu fördern und eines der wichtigsten von der Regierung über das RIGI geförderten Sektoren zum Laufen zu bringen.
Eine wechselhafte Beziehung
China gilt heute als zweitgrößter Handelspartner Argentiniens. Trotz der Unsicherheiten rund um den Amtsantritt der liberalen Regierung Milei und ihrer Ablehnung des BRICS-Beitritts stiegen die Exporte nach China in laufenden Jahr und nach Angaben des Wirtschaftsministeriums um 30%. Gleichzeitig sanken die Importe deutlich, was Beobachter auf den starken Rückgang der argentinischen Wirtschaftstätigkeit zurückführen. Laut Angaben des Statistik-Amtes INDEC lag das Handelsdefizit mit China am Ende des ersten Halbjahres 2024 bei über 1 Milliarde Dollar.
Während des Wahlkampfs hatte Milei mit seiner Aussage „Wir schließen keine Pakte mit Kommunisten“ andere Töne anklingen lassen. Nach etwas mehr als neun Monate im Amt zeigt der politische und rhetorische Kurswechsel, dass die Ideologie den wirtschaftlichen Bedürfnissen unterlegen ist.
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