05. 04. 2024

Buenos Aires (AT) – Argentinien gewinnt an geopolitischem Gewicht und rückt nach langer Zeit langsam wieder in den Fokus des Westens. Das belegt die Anzahl hochrangiger Beamter aber auch Militärs, die in den letzten Wochen in Buenos Aires vorstellig waren. Nicht nur aus Europa sondern zunehmend auch aus den USA und Großbritannien. In den letzten Tagen war es die Generalin Laura Richardson. Die Leiterin des Südkommandos der US-Streitkräfte (United States Southern Command, Southcom) kam diese Woche auf Wunsch des Präsidenten Joe Biden nach Argentinien. Hintergrund ist die bereits seit Jahrzehnten steigende Präsenz Chinas am Südzipfel Lateinamerikas und konkret in Argentinien.

Auf ihrem dreitägigen ofiziellen Besuch in Buenos Aires traf sich die US-Amerikanerin mit führenden Militärs der argentinischen Streitkräfte, Verteidigungsminister Luis Petri, Außenministerin Diana Mondino und Kabinettschef Nicolas Posse. Ziel des US-Besuchs war es, die bilateralen Beziehungen und die strategische Partnerschaft zwischen den beiden Ländern zu stärken und gleichzeitig vor den Risiken Chinas in der Region Flagge zu zeigen.

“Meine Priorität ist es, ein Verbündeter der Vereinigten Staaten zu sein”, hatte der argentinische Präsident Javier Milei kürzlich in einem Interview mit CNN erklärt Bereits vor seinem Amtsantritt hatte er die westliche Ausrichtung seiner Regierung angekündigt. Diese Ausrichtung könnte für die USA in ihrem “geopolitischen Wettbewerb” mit China sehr nützlich sein, wie es in diesen Tagen die Leiterin des US Southern Command bestätigte.

(v.l.n.r) US-Botschafter Stanley, Außenministerin Mondino, Laura Richardson, Kabinettschef Nicolás Posse und Verteidigungsminister Luis Petri. (cnn.com)

Ein neuer und starker Partner des Westens

Der Ruf, Argentinien als neuen Partner des westlichen Bündnisses zu begreifen und zu nutzen hatte in dieser Woche auch Dr. Ulrich Sante, Deutschlands ehemaliger Botschafter in Buenos Aires, in einem Interview mit dem einflussreichen Podcast-Medium The Pioneer hervorgehoben.

“Wir tun gut daran zu verstehen, dass Deutschland die Säulen seines Wohlstands und seiner Stabilität in der systemischen Auseinandersetzung zwischen Russland, China und Amerika weggebrochen sind. Mit der neuen Regierung unter Milei haben nicht nur Deutschland und Europa sondern hat auch die westliche Welt mit Argentinien eine starke Stimme und ein unendlich reiches Land gewonnen. Wenn wir es in diesem Umfeld nicht schaffen, uns aus der EU heraus, um neue Partner wir Argentinien -oder auch Brasilien, Paraguay und Uruguay- zu bemühen, würden wir einen extremen stragegischen Fehler begehen, als Deutschland und als Europa”, hob Sante im Gespräch mit The Pioneer-Gründer und Herausgeber Gabor Steingart.

Wenn wir es nicht schaffen, uns um neue Partner wir Argentinien -oder auch Brasilien, Paraguay und Uruguay- zu bemühen, würden wir einen extremen stragegischen Fehler begehen, als Deutschland und als Europa.”


Dr. Ulrich Sante, ehemaliger detuscher Botschafter in Buenos Aires und Experte für internationale Beziehungen.

Maschinen für die Argentinische Luftwaffe

Richardson kam zusammen mit ihrer Sonderberaterin Sara-Ann Lynch und einem Dutzend Offiziere und Verteidigungsexperten nach Argentinien. Am Rio de la Plata traf sie unter anderem den US-Botschafter in Argentinien, Marc Stanley; in der Casa Rosada mit dem Kabinettschef Nicolás Posse, dem Verteidigungsminister Luis Petri, dem Brigadegeneral Xavier Isaac. Zudem nahm Richardson an einer Podiumsdiskussion über die Integration von Frauen in Friedens-, Verteidigungs- und Sicherheitsmissionen teil und übergab eine C-130 Hercules TC-60 an die argentinische Luftwaffe; die Maschine war im Rahmen eines Leasingvertrags mit der US National Guard im Einsatz.

Laura Richardson mit US-Botschafter Marc Stanley. (perfil.com)

Chinas Vormarsch in der Region

Der Besuch Richardson brachte jedoch vor allem die Besorgnis Washingtons über den Vormarsch Chinas in der Region zum Ausdruck. So betreibt China in der patagonischen Provinz Neuquén eine wissenschaftlich-militärische Forschungsstation mit angegliederten Radar und Weltraumteleskop. In Ushuaia, Provinz Feuerland, hofft China seitens der Provinzregierung, die Genehmigung für die Investition in einen geplanten neuen Tiefseehafen zu erhalten.

Vor ihrer Rückreise plante Richardson deshalb auch einen Stop in Ushuaia ein, um sich vor Ort mit lokalen Militärs über deren Aufgaben und Rolle bei der Sicherung lebenswichtiger Seewege für den Welthandel auszutauschen.

Die chinesische Weltraumbasis in Mitten Argentiniens. (chequeado.com)

Zur chinesischen Forschungsstation in Neuquén hatte bereits Botschafter Marc Stanley geäußert: “Ich bin überrascht, dass Argentinien dem chinesischen Militär erlaubt, in Neuquén zu operieren und wer weiß was zu tun”. Stanley fügte hinzu: “Mir ist bewußt, daß die chinesischen Soldaten hier ein Weltraumteleskop betreiben, doch weiß ich nicht, was sie tun, und ich glaube, die Argentinier wissen es auch nicht so genau”.

Die chinesische Radarbasis liegt in Bajada del Agrio, 1.200 km von der Hauptstadt Buenos Aires entfernt. Der Bau dieses Stützpunktes wurde 2014 unter der Präsidentschaft von Cristina Fernandez de Kirchner genehmigt und gestartet. Es steht auf einem 200 Hektar großen Gelände, das die Provinzregierung für 50 Jahre an China abgetreten hat.

Vom Atlantik bis nach Paraguay

Ein weiteres Thema im Interessenfeld der USA in Argentinien ist die Hidrovía. Der über 3.400 km lange Flusskorridor reicht vom Atlantik über den Río de la Plata und Río Paraná bis nach Paraguay hinein. Er verbindet die Häfen von Argentinien, Brasilien, Bolivien, Paraguay und Uruguay. Die argentinische Hafenbehörde (AGP) unterzeichnete vor wenigen Wochen eine Absichtserklärung, die die Zusammenarbeit mit dem US Army Corps of Engineers vorsieht, um die Wasserstraße neu auszubauen.

Die Wasserstraße Paraná-Paraguay ist auch die Route, über die die meisten Exportprodukte Argentiniens (u. a. Getreide, Mehl und Öle) das Land verlassen, und zwar auf einem Markt, auf dem unter anderem die US-amerikanischen Unternehmen ADM, Bunge und Cargill mit Frankreichs Dreyfus oder Chinas Cofco Group im Wettbewerb stehen.

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