Globant. Der Name ist Programm. Der Kalender zeigt das Jahr 2003 als in Buenos Aires vier Studienfreunde, Martín Migoya, Guibert Englebienne, Martin Umarán und Nestor Nocetti den Entschluß fassen ein neues Unternehmen zu gründen. Das Geschäftsmodell ist simpel: Software made in Argentina for export – and for export only. Die Gründer wollen ab Tag 1 allein auf den internationalen, globalen Markt setzen. „Wir wußten, unsere Chance konnte nur darin liegen uns so breit wie möglich international aufzustellen, um uns vor neuen Krisen unabhängig zu machen. Außerdem, wir hatten ja den wertvollsten Rohstoff, den Argentinien zu bieten hatte: Entwicklertalent“, erklärte Migoya dem Autor dieser Zeilen vor einigen Jahren.
Rückblende: Anfang 2003
Im Jahre der Gründung beginnt sich Argentinien aus den Tiefen der jüngsten Wirtschaftskrise herauszuarbeiten. Zwei Jahre zuvor hatte der südamerikanische Staat den größten Staatsbankrott in der jüngeren Weltgeschichte hingelegt. Die Regierung unter Staatspräsident Rodrigue Saa setzt im Dezember 2001 die Bedienung von Verpflichtungen in Höhe von USD 144 Milliarden aus, nachdem multilaterale Kreditinstitute wie der Internationale Währungsfonds (IWF) Argentinien eine erneute Umstrukturierung seiner Schulden verweigert.
Die seit 1990 noch 1:1 an den US-Dollar gekoppelte argentinische Wirtschaft kollabiert. Nach Auflösung der Dollar-Bindung sackt der Wert des argentinischen Peso um 60% ab; aus Mangel an Devisenreserven beschränkt die Regierung den Zugang zu Firmen- und Privatkonten; Zahlungen und Kreditvergabe kommen zum Erliegen; die Konkursrate explodiert; die Arbeitslosigkeit schoß auf über 20%; das Bruttoinlandsprodukt (BIP) fällt um mehr als 10%. Die argentinische Wirtschaft funktioniert im Jahre 2002 zeitweilig auf dem Niveau einer Tauschwirtschaft.
Das ist das Umfeld in dem die vier Globant-Gründer mit dem Kapital mit kaum mehr als 5.000 USD Startkapital und der Hilfe der drei „F“ – fools, friends & family- den Sprung auf das Weltparkett wagen. Allen Unkenrufen zum Trotz finden sie auch ihren ersten Kunden. Last-Minute.com, das erste digitale Billig-Flug-Marktplatz bucht die Dienste der vier Freunde.
„Wie waren erst wenige Tage vorher wieder in Buenos Aires gelandet, nachdem wir total glücklos in Europa nach Kunden gesucht hatten. Wir hatten keine Reserven, keinen Kunden, nichts. Da kam der Anruf aus London“, erinnert sich Migoya. Die Anfrage aus der britischen Hauptstadt war kurz und klar: „Wir brauchen eine neue Service-Plattform. Roll-Out ist in vier Wochen. Schafft Ihr das?“ Die Antwort war ein kurzes: „Schaffen wir“. Im Land das das Krisenmanagement zu einer Alltagsdisziplin gemacht hat, mobilisierten die Gründer die letzten Reserven um eine Mannschaft aus 15 neuen Entwicklern anzuheuern. Die Mischung aus günstigen Wechselkurs – Produkt des Wirtschaftskollaps von 2001/02- und dem breiten Angebot aus gut ausgebildeten Entwicklern, für den die argentinischen IT-Universitäten bekannt sind, machten den Rest.
Fast Forward: von Berlin aus in den Norden
Zwanzig Jahre später ist Globant zu einem Unternehmen angewachsen das vom Einhorn zum „Decacorn“ mutiert: ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mehr als USD 10 Milliarden. Seit 2014 an der Wall Street gelistet, zeigt das Unternehmen einen Marktwert von derzeit über USD 8 Milliarden. Im Jahr 2022 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von USD 1.8 Millarden, ein Plus von 16% gegenüber dem Vorjahr. Der Mitarbeiterstab zählt über 25.000 Angestellte und verteilt sich auf 25 Länder.
Ein Großteil arbeitet weiterhin aus einem der argentinischen Entwicklerhubs heraus, die das Unternehmen über das ganze Land verteilt hat aber auch in Brasilien, México, Costa Rica, Uruguay oder den USA. Zudem zählt Globant heute business units in allen fünf Kontinenten. Unter seinen Kunden: Google, EA, wie auch Coca-Cola, L´Oreal und natürlich LasMinute.com. Zu seinen Investoren gehören neben playern wie Blackrock, Charles Schwab oder Canada Pension Plan Investment Board auch Martín Sorrell, Gründer der Werbeagentur WPP. Im Lauf der wuchs das Geschäftsmodell mutierte von der simplen Software-Factory zu einem auf digitale und auf KI spezialisiertem Unternehmen.
Vor einem Jahr eröffnete Globant in Berlin seine erste Dependance in der DACH-Region. Das Ziel: aus dem vierten Innovationshub Europas heraus, auch den hohen Norden des Kontinents zu erobern.
Doch es ist nicht so sehr Globants wirtschaftlicher Erfolg, dass das Unternehmen so interessant macht. Globant steht mit Namen wie Mercado Libre, Despegar oder OLX kennzeichnend für eine Generation von Gründern, die aus einem der krisenreichsten Märkten heraus zeigen, wie Disruption gehen kann. Aller Unsicherheit zum Trotz und auf globaler Ebene. Doch das ist eine andere Geschichte.
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