24. 03. 2024

Buenos Aires (AT) – Im Rahmen des Aufschwungs der Beziehungen zwischen Deutschland und Argentinien, besuchte in den letzten Wochen auch die Lateinamerika Initiative der deutschen Wirtschaft unter Führung ihres Vorsitzenden Ingo Kramer, Buenos Aires, um sich vor Ort mit argentinischen Unternehmen auszutauschen. Das Interesse und die Neugier beider Seiten ist groß, wie auch der deutsche Botschafter Dieter Lamlé, dem Argentinischen Tageblatt in diesen Tagen exklusiv erklärte.

Kramer ist Unternehmer und engagiert sich neben verschiedenen Aufsichts- und Beiratsmandaten ehrenamtlich, u.a. als Vorsitzender der Stiftung der Deutschen Wirtschaft. Zudem war er von 2013 bis 2020 Präsident und seitdem als Ehrenpräsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände aus. Seit Mitte 2021 ist Kramer als Vorsitzender der LAI tätig. Er studierte and der Universität Karlsruhe (TH) und schloss 1979 das Studium als Wirtschaftsingenieur ab. Nach dem Studium arbeitet Kramer unter anderem bei der Mannesmann / Demag-Gruppe bevor er 1982 ins Familienunternehmen – J. Heinr. Kramer Gruppe – wechselte, das bis 2018 als Geschäftsführender Geselleschafter führte. Die 1901 von Gründervater Johann Heinrich Kramer in Bremerhafen zunächst als Kupferschmiede geegründete Firma ist heute ein Industriedienstleistungskonzern, das sich auf Anlagenbau spezialisert hat. Die Holding ist in vierter Generation familiengeführt und wird von Julius Kramer geleitet.

Das Argentinische Tageblatt unterhielt sich mit Ingo Kramer über seine Eindrücke zur aktuellen Wirtschaftslage Argentiniens, die Aussichten doch noch -in diesem Jahr- ein Mercosur-EU Freihandelsabkommen zu sehen sowie die Chance, die heute Argentiniens Jungunternehmer haben. 

Der ehemalige Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer.

Argentinisches Tageblatt: Nach ihren Tagen in Buenos Aires: Wie empfinden Sie die wirtschaftliche Lage in Argentinien?
Ingo Kramer: Argentinien hat in seiner Geschichte viele wirtschaftliche Herausforderungen erlebt, darunter hohe Inflation, Währungsschwankungen und eine beträchtliche öffentliche Verschuldung sowier leider auch eine weit verbreitete Armut. Doch wir sehen mit grossem Optimismus die Bereitschaft der neuen argentinischen Regierung, entscheidende positive Veränderungen im Land anzustoßen und durchzuführen.

Welche wirtschaftlichen Herausforderungen identifizieren Sie konkret für Argentinien, insbesondere im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Ländern?
Wie erwähnt: vor allem die hohe Inflation, die damit verbundenen Währungsschwankungen, sowie die hohe Staatsverschuldung und Armut. Dennoch hat Argentinien auch seine Stärken und positive Entwicklungen. Das Land verfügt über reichhaltige natürliche Ressourcen, eine gut ausgebildete Bevölkerung und eine lebendige Wirtschaft, die stark auf Innovation und Technologie setzt. Die Regierung unternimmt jetzt ebenfalls positive Schritte zur Eindämmung der Inflation und zur Stabilisierung der Wirtschaft. Durch kontinuierliche politische und wirtschaftliche Reformen hat Argentinien damit das Potenzial, seine Herausforderungen meistern und langfristig wachsen zu können. Um die Reformen aber nachhaltig mit Unterstützung der Bevölkerung zum Erfolg zu bringen ist der Blick auf die Armut im Lande und deren Beseitigung besonders wichtig.

Welche Rolle kommt vor diesem Hintergrund Deutschland als Handelspartner zu? Wie würden Sie die aktuelle wirtschaftliche Beziehung zwischen Deutschland und Argentinien beschreiben?
Die deutsch-argentinischen Wirtschaftsbeziehungen befinden sich in einer dynamischen Phase. Mit stabilen Rahmenbedingungen in Argentinien, dem EU- Mercosur Abkommen und regelmäßigen Konsultationen können die Wirtschaftsbeziehungen deutlich intensiviert werden und zur Stabilisierung Argentiniens beitragen. Die angekündigten Reformen der neuen Regierung, insbesondere die Liberalisierung der Wirtschaft und die Öffnung für ausländische Investitionen und einem freieren Kapitalverkehr erweitern die Handelsspielräume und könnten langfristig die Beziehungen stärken. Aktuell besteht Unsicherheit über ihre Umsetzungsmöglichkeit. Doch zeigen das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Argentinien bereits eine positive Tendenz.

Wo liegt konkret Deutschlands wirtschaftliches Interesse an Argentinien heute?
Die deutsche Wirtschaft sieht Potenzial für eine verstärkte Zusammenarbeit in Sektoren wie Energie, Rohstoffe, Landwirtschaft und Technologie. Ihr Land bietet nicht nur einen großen Markt mit über 45 Millionen Einwohnern, sondern auch reiche Rohstoffvorkommen wie Lithium, Erdgas und Kupfer, die für die deutsche Industrie ungeheuer wichtig sind. Zudem verfügt die Bevölkerung Argentiniens über eine solide Ausbildung und technisches know-how, was eine wertvolle Ressource für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen darstellt. Argentinien bietet zudem erhebliche Wachstumschancen, von denen deutsche Unternehmen durch Investitionen und Im- und Exporte profitieren können. Auch im Agrarsektor können deutsche Landmaschinenhersteller und Lebensmittelindustrien von diesen Partnerschaften auf Augenhöhe profitieren. Stabile politische Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und die guten Beziehungen zwischen den Regierungen beider Länder spielen eine entscheidende Rolle für das gegenseitige Interesse und die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Argentinien. Daher gilt unser wiederholtes Interesse, dem Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen der EU und dem Mercosur, denn damit werden die beiderseitigen Wirtschaftsbeziehungen auf eine neue langfristige Basis gestellt.

Sie tauschten sich bei ihrem Besuch auch mit argentinischen Jungunternehmer intensiv aus. Welchen Rat können Sie ihnen geben?
Die Jungunternehmer sind maßgeblich für die Zukunft Argentiniens verantwortlich. Sie bringen als Innovatoren frischen Wind in die Wirtschaft und schaffen so auch neue Arbeitsplätze. In Argentinien gibt es zahlreiche junge Menschen mit unternehmerischem Geist, die gut ausgebildet, kreativ und entschlossen sind, etwas zu bewegen. Diese Erfahrung habe ich -wie sie richtig andeuteten- persönlich in Gesprächen mit den Wirtschaftsjunioren und im Innovationspark in Buenos Aires gemacht. Und ihre Bedeutung zeigt sich in ihrem Elan, Optimismus und ihrer Initiative für Innovationen, sowie einem Engagement für Wirtschaftswachstum und des Diversifizierung der Wirtschaft ihres Landes. Deshalb lautet mein Ratschlag und auch mein Appell an sie: Halten Sie sich nicht mit den Problemen im Lande auf, sondern arbeiten Sie an deren Lösungen. Auf Ihren Schultern liegt die Zukunft Argentiniens. Nutzen Sie Ihre Stärke, um aktiv Partnerschaften mit deutschen Unternehmen einzugehen und gemeinsam neue Projekte zu entwickeln, die sowohl für Argentinien als auch für Deutschland von großem Nutzen sein werden.

Ingo Kramer wir Danken Ihnen für das Gespräch.

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