10. 04. 2024

Buenos Aires (AT) – Die argentinische Regierung hat die Öffnung der Importe für Grundnahrungsmittel angekündigt. Der Grund: dei Regierung MIlei will mehr Wettbewerb, den “nicht nachzuvollziehenden” Preiserhöhungen entgegensetzen. In den letzten Monaten gekommen sei es zu Preissteigerungen, die “über der Inflationsrate” liegen würden. Die argentinische Zentralbank (BCRA) hat deshalb kurzfristig Erleichterungen für den Zugang zu Devisen für etwa 150 Produkte des Grundnahrungsmittelkorbs gewährt, wie das Institut bekanntgab. Parallel setzte die Steuerbehörde AFIP die Zahlung von Steuern für die Einfuhr diesbezüglicher Waren für 120 Tage aus, darunter Mehrwertsteuer und Einkommensteuer.

Wie Regierungssprecher Manuel Adorni erklärte, sei die Entscheidung getroffen worden, mit dem Ziel “die Einfuhr von Waren für Grundnahrungsmittel endgültig zu liberalisieren, um die Preise zum Wohle der Haushalte wettbewerbsfähiger zu machen”. Es handelt sich damit nicht um eine traditionelle Marktöffnung – da die Einfuhr dieser Produkte nicht verboten ist -, sondern um die Gewährung von Zahlungserleichterungen und einen Aufschub der Erhebung von Steuern. Trotzdem gilt die Maßnahme als einen Schritt in eine neue Richtung.

Was die Maßnahme bedeutet

Unter Vorgängerregierungen versuchte Argentinien mittels Ein- und Ausfuhrbegrenzungen die eigene Produktion und Wertschöpfungskette zu schützen. Doch führten die Beschränkungen immer wieder zu Lieferengpässen und steigenden Preisen. Der jetzige Schritt zeigt wie die seit Dezember 2023 im Amt befindlichen Regierung Milei Argentinien in die globale Wertschöpfungskette und Welthandel einbinden will.

Wie das Nachrichtenportal Infobae berichtet, müssen Anbieter die Zahlung der Import von Lebensmitteln, Getränken und Reinigungs-, Pflege- und Körperpflegeprodukten von einem 4-Zahlungsschema mit 30, 60, 90 und 120 Raten auf eine einzige Zahlungsfrist von 30 Tagen umstellen. Im Gegenzug erhalten die Unternehmer mehr Flexibilität beim Zugang zu Dollar-Devisen für die Einfuhr dieser Waren. Im Einzelnen betrifft die vom BCRA beschlossene Maßnahme die Bezahlung der Importe von etwa 150 Produkten des Warenkorbs.

Luis Caputo, Wirtschaftsminister. (elcronista.com)

Die Ankündigung erfolgte nach einem Treffen zwischen Vertretern von großen Supermarktketten und Wirtschaftsminister Luis Caputo, der erklärte: “Es ist wichtig, den tatsächlichen Einheitspreis von Produkten transparent zu machen, damit er von der INDEC (Nationales Institut für Statistik und Volkszählung ) richtig erfasst werden kann”.

“Diese Maßnahme wird den Import von Grundnahrungsmitteln fördern, deren Preis auf dem lokalen Markt höher ist als der internationale Preis, was zu einem stärkeren Wettbewerb und folglich zu einem Rückgang der Inflation und des Preisniveaus dieser Produkte beitragen wird”, so das Ministerium.

Die Zentralbank hat die Lockerung der Beschränkungen für den Import von Grundnahrungsmitteln vorangetrieben. (wikipedia)

Demgegenüber erklärte Marcelo Elizondo, Unternehmensberater für Aussenhandel sowie ehemaliger Geschäftsführer der Stiftung Exportar (2002-2010) gegenüber dem Portal Chequeado: “Obwohl von einer Öffnung der Importe die Rede ist, sieht die Maßnahme vor, dass diejenigen, die diese Produkte importieren, nur einen befristeten Zugang zu den Dollar-Devisen haben”. 

Für welche Produkte werden die Importe freigegeben?

Zu den zugelassenen Produkten gehören verschiedene Fleischsorten, Aufschnitt, Gemüse (wie Tomaten, Salat, Karotten und Kartoffeln), Obst (wie Äpfel, Birnen und Bananen), Milchprodukte (Milch, Joghurt und Butter), Kaffee, Yerba Mate, Getreide und Mehl, Öl sowie Reinigungs- und Körperpflegeprodukte (wie Seifen, Toilettenpapier und Windeln). 

Salat und Windeln, die Preistreiber

Am stärksten stiegen in diesem Zeitraum die Preise für Salat (119,8% über der durchschnittlichen Inflation), Orangen (105%), Windeln (102,8%), Shampoo (102,4%), Kaffee (96,5%), Brot (80%), Waschmittel (68%) und Reis (59,5%). Bei einigen Gemüse- und Fleischsorten, Nudeln, Getränken und Zucker (deren Einfuhr ebenfalls genehmigt wurde) lag der Preisanstieg dagegen unter dem Index.

Nach der Ankündigung der Regierung äußerte der argentinische Industrieverband (UIA) ihre “Besorgnis”, da sie von einer “Ungleichbehandlung der Industrie” ausgeht. “Während die lokalen Hersteller in vier monatlichen Raten aber auch die Produktions-Steuern zahlen müssen, werden die Importeure von Fertigwaren von den Steuern befreit und haben mit einer einzigen Zahlung innerhalb von 30 Tagen vollen Zugang zu den erforderlichen Devisen. Die Ankündigung stärkt nicht die Wettbewerbsfähigkeit von lokalen Unternehmen, die hier produzieren und Arbeitsplätze schaffen, sondern beeinträchtigt sie”, erklärte der Verband

Faire Preise für Lebensmittel im Supermarkt: ein Plan der Vorgängerregierung zur Kontrolle der Inflation.

Der Leiter der Wirtschaftsabteilung der Fundación Libertad y Progreso, Eugenio Marí, ist dagegen der Ansicht, dass die Freigabe der Importe “mehr Wettbewerb bedeutet, der den Verbrauchern durch eine größere Vielfalt und niedrigere Preise zugute kommt”. Miguel Ponce, Wirtschaftswissenschaftler und Außenhandelsspezialist, erklärte gegenüber AmbitoFinanciero, dass es sich bei der Maßnahme nicht um eine “Inflations-Bremse” handele, sondern dass die Regierung vielmehr “wettbewerbsfähige Preise” festlege. Dies ist jedoch keine Garantie dafür, dass der Preisanstieg wirklich gebremst werde.

Für Importe gelten derzeit 12,5% Einfuhrzoll, wenn sie nicht dem Mercosur angehören, sowie ein Statistiksatz von 3%, 21% Mehrwertsteuer, 6% Einkommensteuerabzug (auf spanisch Impuesto a las Ganancias) und 3% Bruttoeinkommensteuer. Einfuhren aus Uruguay, Brasilien, Paraguay oder anderen Ländern, mit denen dieser Wirtschaftsblock ein Handelsabkommen geschlossen hat, können zollfrei oder mit einer Zollermäßigung eingeführt werden.

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