21. 05. 2024

Buenos Aires (AT) – Die Spannung zwischen Argentinien und Spanien ist hoch. Bei seinem Besuch in Spanien am vergangenen Sonntag, brachte es Argentiniens Präsident Javier Milei zum diplomatischen Eklat. Auf einem Treffen, organisiert von der rechtsextremen spanischen Partei Vox, kritisierte er in aller Schärfe die Regierung Spaniens und bezeichnete die Frau von Ministerpräsident Pedro Sánchez, Begoña Gómez, als „korrupt“. Der Analyst und Politikwissenschaftler Andrés Malamud erklärt in einem Interview mit José del Río, Chefredakteur von La Nación, was sich hinter Mileis aber auch hinter Sánchéz Vorgehen verbirgt und warum es beiden nutzt.

Eine Eskalation, die einem Programm folgt

Die Antwort der spanischen Regierung auf die Kommentare Mileis ließen nicht lange auf sich warten. „Spanien fordert eine öffentliche Entschuldigung von Herrn Milei. Sollte eine solche Entschuldigung ausbleiben, werden wir alle Maßnahmen ergreifen, die wir für angemessen halten, um unsere Souveränität und unsere Würde zu verteidigen”, sagte Außenminister Albares zuvor. Spanien berief im Protest seine Botschafterin, María Jesús Alonso Jiménez, vorübergehend zu Konsultationen nach Madrid zurück.

Javier Milei, Viva 24 , Madrid
Javier Milei präsentierte sein Buch “El camino del Libertario” bei dem von Vox organisiertem meeting in Madrid.

Die Beziehungen zwischen Spanien und Argentinien waren schon vor Mileis Visite angespannt. Der Konflikt begann am 3. Mai als der spanische Minister während einer Rede den argentinischen Präsidenten angriff, und andeutete, dass er drogenabhängig sei. Präsident Javier Milei reagierte sofort, allerdings nicht auf dem traditionellen diplomatischen Weg, sondern mit einer Mitteilung, die das Präsidialamt in den sozialen Netzwerken veröffentlichte. Darin verurteilte er die „Verleumdungen und Beleidigungen“ und griff die Politik der spanischen Regierung an.

Eine politische Analyse der Situation 

Malamud kommt zu dem Schluss, dass die Eskalation beiden Staatsoberhäuptern dienlich ist. Der Analyst erklärt, dass die Streitereien und scharfen Äußerungen Mileis nicht neu sind. Argentiniens Präsident hatte ähnliche Situationen und Konflikte bereits gegenüber den Regierungen Kolumbiens und Venezuelas erprobt. Sie sind Teil einer Diskursstrategie Mileis, die einem bereits in Lateinamerika bekannten Beispiel folgt. „Laute Töne, scharfe Sprüche in einem Umfeld -außerhalb des Landes-, wo es keine Konsequenzen hat“. Das Ziel: seine Wähler-Basis im Inland zu bedienen.

Als Beispiel zog Malamud die erste Präsidentschaft des brasilianischen Präsidenten Lula da Silva heran. „Lula ist ein Präsident, der der Linken entstammt, aus der Arbeiterbewegung. Er trat sein Amt am 1. Januar 2003 mit einem klaren Plan an. In der Innenpolitik gemäßigt und den fiskal-politischen Zielen seines Vorgängers (Anm.d.Red. Fernando Henríque Cardoso) treu, musste er seine Botschaft vor seinem Publikum anpassen”, erklärte Malamud. Deshalb, um seine Basis “zu bedienen” bemühte sich Lula in der Welt das Bild eines selbstbewußten und oftmals lautstarken Landesvertreters zu geben. Lula war auf der außenpolitischen Bühne oftmals aggressiv und laut, während er auf der innenpolitischen eher vermittelnde Töne anschlug. Milei gehe ähnliche Wege. “Wie sonst kann es Milei schaffen, seine Basis zu begeistern, zu mobilisieren und ihre Gunst für sich lebendig zu halten?”, so der Experte gegenüber La Nación.

Andrés Malamud, gebürtiger Argentinier, ist derzeit leitender Forscher am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Lissabon. (eldiarioar.com)

Der Politikwissenschaftler, der an der Universität von Lissabon lehrt und als einer der objektivsten politischen Beobachter Argentiniens gilt, erinnerte in diesem Zusammenhang an Auseinandersetzungen Mileis mit Gustavo Petro, dem Präsidenten Kolumbiens und seines venezolanischen Amtskollegen Nicolás Maduro. „Das ist und war das Gleiche. Es ist diplomatischer Zirkus. Milei appelliert an die Außenpolitik, um ein Publikum zu gewinnen und es dazu zu bringen, ihn zu unterstützen. Es ist ein Streit, die keine unmittelbaren wirtschaftlichen Kosten hat. Und das zählt in diesem Land. Man könnte von einer nützlichen politischen Reiberei sprechen”.

Malamud urteilte, dass „es für für Milei aber auch für Sánchez nichts Besseres geben kann, als den anderen als Gegner zu haben“. Und: „Was Sánchez vorher über Milei gesagt hat, war sogar schlimmer als das, was Milei jetzt über Sánchez gesagt hat“.

Malamud errinerte daran, dass sich Spanien nach der Wiederwahl von Sánchez im Jahr 2023 und dem Aufstieg rechtsextremer Parteien Vox in einer Phase großer politischer Spannungen befinde. „Die öffentliche Debatte hier ist sogar heftiger als in Argentinien“, sagte er. „Die Führer der Partei, die in diesen Tagen bei den katalanischen Wahlen den zweiten Platz belegte, wurde verboten, disqualifiziert und wegen Volksverhetzung inhaftiert, weil sie ein verfassungswidriges Plebiszit organisiert hatten. Was sich in Argentinien auf politischer Ebene abspielt, wiegt weniger schwer im Vergleich zu Spanien”.

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