09. 10. 2023

Der zweite Termin vor den Kameras hat die Kandidaten um das Amt des argentinischen Regierungschefs knapp 14 Tage vor dem Wahltag aus der Reserve gelockt. Galt bei der ersten Debatte vor einer Woche noch die Devise der Schadensbegrenzung, nutzte vor allem Patricia Bullrich, Kandidatin für Juntos por el Cambio (JxC), die Chance, um vor den Zuschauern Kontur zu zeigen.

Auch wenn die Themen dieses zweiten Showdowns die Themen Arbeit, Sicherheit und Umwelt waren, überschattete der Zustand der maroden argentinischen Wirtschaft das Hin und Her zwischen den fünf Kandidaten von der ersten Minute an.

Die beim ersten TV-Duell eher blaße Bullrich konzentrierte sich von Anbeginn darauf, mit dem Liberalen Javier Milei auf Tuchfühlung zu gehen. Ihr erklärtes Ziel: sich als einzig reale Alternative zum ultraliberalen Kandidaten der Partei La Libertad Avanza (LAA) zu präsentieren. Getreu seinen erklärten Vorbildern Donald Trum und dem Brasilianer Jair Bolsonaro, verkauft sich Milei der Wählerschaft als Systemgegner. Zu seinen ersten Maßnahmen im Falle eines Sieges bei den Wahlen am 22. Oktober hat der gelernte Volkswirtschaftler die Abschaffung der Zentralbank erklärt sowie die Dollarisierung der argentinischen Volkswirtschaft in Aussicht gestellt.

Milei vs. Bullrich

Milei war seinerseit deutlich bemüht, sich bei diesem vorerst letzten Gegenüber der Kandidaten keine Blöße zu geben. Er suchte die ehemalige Ministerin für Innere Sicherheit (2015 – 2019) als politische Aktivistin der 70er Jahre bloß zu stellen. „Als ehemaliges Mitglied der Organisation Montoneros haben sie das Blut von Mördern an den Händen“, erklärte Mileiin einer seiner heftigsten Attacken. Bullrich ließ sich nicht berirren und konterte mit dem Hinweis, dass das Parteiprogramm Mileis die Deregulierung des Waffenhandels sowie das Tragen von Waffen vorsieht. Milei liegt heute knapp an erster Stelle in der Wählergunst. Bullrich zusammen mit Sergio Massa, Kandidat für die noch Regierungskoalition Unidad por la Patria (UdP), teilen sich in einer virteullen Patt-Situation den zweiten Rang. Bullrich suchte deshalb auch immer wieder den Infight mit Massa. “Sie müssen aufhören zu stehlen. Sie habe in Ihrer Amtszeit kaum mehr vollbracht, als das Netz eigener Parteifunktionäre zu erweitern. Sie haben den Staat um 100% erhöht und ihn allein für die Bürokraten vergrößert“, griff Bullrich den heutigen Wirtschaftsminister in einer der pikantesten Passagen der Debatte an.

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Patricia Bullrich ist die Kandidatin der Parteienkoalition Juntos por el Cambio (JxC).

Massa gegen alle

Massa bemühte sich indes immer wieder, den Fokus von dem Zustand der Wirtschaft weg und auf Fragen der inneren wie äußeren Sicherheit zu lenken. „Wir wollen ein argentinisches FBI, das es uns ermöglicht, gegen die Korruption, den Drogenhandel und den Menschenschmuggel. Zudem wollen wird das Funktionieren der Sicherheitskräfte wiederherstellen”, erklärte Massa und legte aus gegebenem Anlaß nach. „Ich verurteile nicht nur den Terroranschlag (Anm. d. Red: der Angriff con Hamas auf Israel). Am 10. Dezember werde ich Präsident sein und die Hamas auf die Terroristenliste setzen“, schloß er.

Massa hatte klar den schwersten Stand des Abends. Wenige Tage vor der Debatte hatte die Haupstadt Buenos Aires mit 12% die höchste monatliche Inflationsrate der letzten Jahre bekanntgeben. Die Zahl in der Hauptstadt gilt als Leitvorgabe für die landeweite Messung, die das National Amt für Statistik (Indec) am Donnerstag vorstellt.

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Sergio Massa ist der Kandidat der Parteienkaolition Unión por la Patria (UdP), der unter anderem sowohl die personistische Partei als auch die Organisation La Campora angehören.

Bregman, der “Störfaktor”

Weit abgeschlagen in der Wählergunst mit nicht mehr als 5% der möglichen Stimmen, waren der derzeitige Gouverneur der Provinz Córdoba, Juan Schiaretti, sowie die Vorsitzende der Sozialistischen Arbeiterpartei (AS), Myriam Bregman auf das Podium gestiegen. Doch es war insbesondere Bregman, die ihre Zeit zu nutzen wußte. Sie schaffte, den um Fassung bemühten Milei immer wieder von seinem Haupt-Angriffsziel -Patricia Bullrich- abzubringen. „Das kapitalistische System zerstört den Planeten und trotz immer häufigeren Dürren, Bränden, Hitzewellen und noch mehr Umweltverschmutzung setzen die Kandidaten weiter auf die Ausplünderung der natürlichen Ressourcen“, erklärte Bregman allgemein, um dann konkret Milei anzugreifen: „Sie sind nichts anderes als ein Klimawandel-Leugner“.

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Myriam Bregman ist als Präsidentschaftskandidatin der Linken und der Sozialistischen Arbeiterpartei (MAS) im Rennen um die Casa Rosada.

Insgesamt, ließ die vorerst letzte TV-Debatte keinen deutlichen Gewinner. Nach Sicht der meisten Beobachter wußte jedoch Bullrich vor allem in Szene zu setzen und sich so wieder für eine immer möglichere Stichwahl zu empfehlen. Die meisten Erhebungsinstitute gehen heute davon aus, daß es in zwei Wochen kein Kandidat schaffen wird über 40% der Stimmen zu holen und somit die Wahl in der ersten Runde für sich zu entscheiden.

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