03. 10. 2024

Dieter Lamlé,
Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Argentinien

Buenos Aires (AT) – Heute sind es 35 Jahre her, dass zwei Deutschlands begannen, sich wieder zu einem Deutschland zusammenzutun. Es kam wieder zusammen, was zusammengehörte. Deutschland hat in dieser Zeit enorme Anstrengungen gemacht, um diese Teilung nicht nur politisch, sondern auch kulturell und wirtschaftlich zu überwinden. Profitiert hat Deutschland, aber auch ganz Europa. Heute ist ein vereintes Deutschland wirtschaftlich stark, und ein international geachteter politischer Partner und Verteidiger der Menschenrechte.

Der Weg dorthin jedoch war und ist nicht immer einfach. 40 Jahre Teilung überwindet man nicht in 35 Jahren. Die deutsche Teilung war eine große Wunde, die durch ganz Deutschland ging. Und eine Wunde braucht Zeit, bis sie heilt. So ein Heilungsprozess, der 1989 mit der Wende begann, läuft nie ohne Probleme ab, sondern neben allen Erfolgen es gibt auch Rückschläge und Frustrationen.

Momentan geht Deutschland durch eine schwierige Phase. Die letzten Ergebnisse in den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zeigen, dass auch in Deutschland wie in vielen anderen Ländern der Welt Parteien Anhänger gewinnen, die gegen unsere Demokratien und gegen den gesellschaftlichen Zusammenhalt arbeiten. Aber die deutsche Demokratie ist wehrhaft. Wenn in einem Bundesland 30% die AfD wählen, bedeutet das auch, dass 70% der Wähler für Demokratie und Vielfalt stimmen. Dennoch ist das Ergebnis ein Auftrag an die traditionellen Parteien, auf die Wähler zuzugehen und ihre Bedürfnisse verstärkt in den Vordergrund zu stellen, um sie inhaltlich und personell wieder für sich zu gewinnen.

Viele gemeinsame Interessen

35 Jahre Wiedervereinigung ist immer auch ein Punkt der Reflexion und des Bilanzziehens. Auch in unseren bilateralen Beziehungen. Argentinien und Deutschland verbindet eine langjährige Freundschaft, ein tiefgehendes Verständnis zwischen den Menschen und viele gemeinsame Interessen, Argentinien ist für Deutschland ein ganz wichtiger Partner.

Deutschland ist z.B. sehr interessiert an wirtschaftlicher Zusammenarbeit im Bereich der Rohstoffe wie Lithium oder Kupfer, aber auch für die Energieressource der Zukunft grünen Wasserstoff besitzt ARG ein großes Potential. Für Deutschland, das gerade eine langfristige Energietransition beschreitet, kann ARG hier ein idealer Partner werden. Erste Diskussionen dazu zwischen unseren beiden Ländern finden in unserem bilateralen Energiedialog statt.

Die bilateralen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern sind historisch gewachsen, sehr gut und eng. In Argentinien gibt es 30 deutsche Schulen, 142 deutsche Vereine, die die deutschen Wurzeln ihrer Mitglieder bewahren, sowie neben den beiden Goethe-Instituten in Buenos Aires und Córdoba noch acht Kulturinstitute. Auch das vergangene Jahr hat viel Positives gebracht. Beste Beispiele dafür sind sicherlich das Treffen von Staatspräsident Milei mit unserem Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin, sowie die beiden Reisen von Außenministerin Diana Mondino zur Münchner Sicherheitskonferenz und in Begleitung von Präsident Javier Milei. Aber auch die Treffen von Außenministerin Mondino und Wirtschaftsminister Luis Caputo mit der deutschen Wirtschaft in unserer Botschaft, zeugen von dem Interesse an gemeinsamer Kooperation. Auf der anderen Seite haben wir seit Amtseinführung der neuen argentinischen Regierung bereits mehr als 10 Delegation in Buenos Aires begrüßen dürfen.

Das Interesse auf beiden Seiten an Kooperation ist sehr groß, in allen Bereichen: Politik Wirtschaft, Kultur oder Wissenschaft. Bestes Beispiel dafür ist der German Accelerator, einer Plattform für den Austausch für deutsche und argentinische Start-ups, die im vergangenen Jahr ihr Büro in Buenos Aires eröffnet hat. Eine Möglichkeit, um junge Talente beider Länder zusammenzubringen. Mit den in Argentinien aktiven deutschen Firmen stehen wir in einem permanenten Austausch zu Investitionsmöglichkeiten hier vor Ort. Damit können wir hoffentlich einen Beitrag dazu leisten, dass sich langfristig die wirtschaftlichen Bedingungen und Möglichkeiten für die Argentinierinnen und Argentinier verbessern.

Frauen und Männer, die etwas bewegen wollen

Ich bin nun seit einem Jahr in Argentinien. Argentinien behandelt meine Frau und mich sehr gut! Sowohl durch meine Zeit in Buenos Aires, aber insbesondere auch durch meine Besuche verschiedener Provinzen Córdoba, Tucumán, Chaco, Corrientes, Mendoza, Jujuy, Salta und Neuquén habe ich Argentinien kennenlernen dürfen. Ich sehe mich als deutscher Botschafter für ganz Argentinien, nicht nur für Buenos Aires. Dieses erste Jahr hat mich in allen Bereichen mit enthusiastischen, hochtalentierten und liebenswürdigen Frauen und Männern zusammengebracht, die in Ihrem Land etwas bewegen wollen.

Deswegen sind wir in der Botschaft sehr aktiv. Meine Mannschaft und ich arbeiten jeden Tag daran, Argentinien und Deutschland ein Stück näher zu bringen. Zum Beispiel mit unserem „Foro Futuro“, einem Dialogformat, das argentinische und deutsche Experten zu verschiedenen Themen zusammenbringt, die unsere beiden Länder in der Zukunft beschäftigen werden; oder indem wir zwei Nobelpreisträger mit jungen Argentiniern zu Diskussionen eingeladen haben; oder indem wir mit dem deutschen Modell der dualen Berufsausbildung Chancen für junge Argentinierinnen und Argentinier auf dem Arbeitsmarkt erhöhen wollen.

Das kommende Jahr steht ganz im Zeichen eines besonderen Jubiläums: dann wollen wir mit allen Argentiniern „200 Jahre deutsche Einwanderung in Argentinien“ feiern. Dieses Jubiläum wird verdeutlichen, was für einen Anteil deutsche Einwanderer am Aufbau Argentiniens gehabt haben, und wie Argentinien diesen Einwanderern einen sicheren Hafen und die Möglichkeit gegeben hat, hier ihre Träume mit harter Arbeit zu verwirklichen, als das in Deutschland nicht möglich war. Neben dieser langen gemeinsamen Geschichte, die uns verbindet, liegt uns bei diesem Projekt der Ausblick in die Zukunft besonders nah am Herzen, denn die Vergangenheit bildet die beste Grundlage für den Blick nach vorn. Daran arbeiten wir bereits jetzt mit unseren Partnerorganisationen, und wir freuen uns, Sie im kommenden Jahr dazu einladen zu dürfen.

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