13. 06. 2025

Buenos Aires – Früher als erwartet ist die monatliche Inflationsrate in Argentinien unter den symbolisch wichtigen Wert von 2 Prozent gefallen. Im Mai lag die Teuerungsrate bei überraschenden 1,5 %, wie das Amt für Statistik, Indec, am Donnestag Abend erklärte. Der Wert ist der niedrigste der letzten fünf Jahre. Für das chronische Inflations-Land Argentinien kommt er einer kleinen Sensation gleich, wie es auch die internationale Berichterstattung wiederspiegelte.

Treiber des überraschenden Rückgangs waren die Preise für Lebensmittel. Eine vergleichbar niedrige Inflationsrate hatte es zuletzt im Mai 2020 gegeben. Damals hatte die Regierung Preiskontrollen festgelegt. Heute sind Preise sind dagegen weitgehend frei. Die Inflationsrate für Mai gewinnt an Gewicht vor der Tatsache, dass die Regierung im Vormonat auch die seit 2019 geltenden Devisenbeschränkungen aufgehoben hat. Es war unklar wie sich die Entscheidung auswirken würde.

Seit Jahresbeginn beträgt die Inflation 13,3 %, innerhalb von zwölf Monaten 43,5 %, teilte das Statistikamt Indec mit. Die sogenannte Kerninflation lag bei 2,2 %. Am stärksten stiegen im Mai die Preise im Bereich Kommunikation (4,1 %) – vor allem wegen teurerer Telefon- und Internetdienste. Danach folgten Restaurants und Hotels mit 3 %. Am schwächsten stiegen die Preise bei Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken (0,5 %) sowie beim Transport (0,4 %). Vor allem Obst und Gemüse wurden günstiger.

Regierung feiert, Analysten geben sich konservativ

Die Regierung und insbesondere das Wirtschaftsministerium feierte die Zahl. „Die Inflation war so niedrig wie seit Mai 2020 nicht mehr. Lässt man den Corona-Effekt außen vor, ist es sogar die niedrigste Monatsrate seit November 2017“, erklärte das das von Minister Luis Caputo geführte Behörde. Auch der Jahreswert von 43,5 % sei der niedrigste seit März 2021, hiess es in der Mitteilung an die Medien.

Einige Wirtschaftsforschungsinstitute und Beratungsunternehmen hatten den Rückgang erwartet, gingen in ihren Berechnungen meist noch von einer monatlichen Teuerungsrate von rund 2 % aus. Der Ökonom Federico González Rouco von Empiria erklärte im Gespräch mit der Zeitung La Nacion: „1,5 % ist ein gutes Ergebnis – besonders, weil es der erste komplette Monat ohne Devisenkontrollen war. Zwar ist der Wechselkurs nach der Aufhebung etwas gestiegen, aber die Inflation blieb niedrig. Das zeigt, dass die Preise stabil geblieben sind.“

Hernán Lacunza, ehemaliger Wirtschaftsminister in der Administration von Mauricio Macri und heutiger Wirtschaftsberater, erklärte: „Trotz der Maßnahmen ist die Inflation weiter zurückgegangen – sogar in Richtung Deflation.“ Besonders wichtig sei, dass die Preise für Grundbedürfnisse kaum gestiegen seien, betonte González Rouco. Die Kosten für die Armuts- und Bedürftigkeitsgrenze stiegen nur um 0,1 %.

Die Aussicht auf die nächsten Monate

„Letztlich wurde die 2-Prozent-Marke unterschritten, wie bereits vom Verbraucherpreisindex (IPC) in Buenos Aires signalisiert“, zitiert der Journalist Francisco Jueguen den Chefökonom der Beratungsfirma Equilibra, Lorenzo Sigaut Gravina. „Dass die Inflation im Mai bei lediglich 1,5 % lag – und nicht bei 1,8 % oder 1,9 % wie vielfach erwartet –, kam durchaus überraschend.“ Sigaut Gravina betonte, dass vor allem saisonale Effekte – insbesondere ein Preisrückgang von nahezu 3 % in bestimmten Segmenten – maßgeblich zum Ergebnis beigetragen hätten. „Diese Komponenten wirken derzeit als Inflationsbremse.“

Auch die Kerninflation sei deutlich gesunken: „Mit 2,2 % liegt sie zwar noch knapp über der psychologisch wichtigen Marke, stellt aber dennoch eine deutliche Abschwächung dar. Insgesamt handelt es sich um eine sehr solide Zahl“, so Sigaut Gravina.

Elisabet Bacigalupo, Chefökonomin des Beratungsfimra Abeceb ordnete den jüngsten Inflationserfolg des Teams um Minister Caputo für die kommenden Monate ein. Die Regierung gewichte kurzfristig das Ziel der sinkenden Inflation (Desinflation) höher als den Aufbau von Devisenreserven. Dafür kaufe sie keine US-Dollar mehr und halte den Markt „trocken“. Das Ziel: Mit restriktivierer Geldpolitik die Inflation weiter senken zu können. Die Gefahr: Das könne dazu führen, dass andere Ziele – etwa Absprachen mit dem IWF – schwerer zu erreichen seien.

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