Buenos Aires (AT) – Kabinettsumbildungen -“reschuffling“- sind in der volatilen argentinischen Politik keine Seltenheit. Im kurzlebigen Politzyklus gelten sie als eine Art Sauerstoffzufuhr, um eine festgefahrene oder eingerostete Regierungsarbeit mit neuem Leben zu erfüllen. Im Falle der jungen Regierung Mileis ist die am Montag durchgezogene Umsetzung im innersten Kreis der Regierung rekordverdächtig: nach nur fünf Monaten im Amt, entließ Milei am Montag mit sofortiger Wirkung seinen bisherigen Kabinettschef Nicolás Posse. Nur Stunden vor der Abreise Mileis in die USA, gab das Präsidialamt in einer Erklärung, die weder Dank noch Lob für Posse enthielt, bekannt, dass der Staatschef Posses Rücktritt am Montag angenommen habe. Nachfolger wird Guillermo Francos, der Innenminister. „Um dem Amt (des Kabinettschefs) mehr politisches Gewicht zu verleihen“, wie es in der Erklärung weiter heißt.
Der geschasste war nicht irgendwer im Milei-Universum. Posse galt als einer der engsten Vertrauten des Staatspräsidenten. Befreundet mit Milei seit über über 16 Jahren, hatte Posse fast im Alleinmarsch, die erfolgreiche Kampagne des Kandidaten Javier Milei im letzten Jahr verantwortet. Seit Wochen rumorte es allerdings zwischen beiden. Posse gilt als Hauptverantwortlicher für den Fehltritt rund um eine Diäten-Erhöhung innerhalb der Regierung, die vorab mutmaßlich nicht mit dem Chef abgestimmt worden sei, wie es später hieß. Zudem konnte Posse bei den seit Wochen laufenden und harten Verhandlungen mit dem Parlament bezüglich des Grundlagengesetztes „Ley Base“ immer seltener punkten. Das Gesetzespaket, das der Regierung Miliei umfangreiche Vollmachten gibt, um die argentinische Wirtschaft neu zu ordnen, steckt im Senat, dem argentinischen Oberhaus, fest. „Er (Posse) hatte sich zu einem Hindernis innerhalb der Regierung entwickelt “, zitiert die Zeitung La Nacion eine Quelle aus dem Inneren der Regierung. „Du arbeitest und erfüllst deine Ziele oder Du bist draußen“, resümierte die Quelle.
Innennminister und Kabinettschef in Personalunion
Guillermo Francos dürfte als Chefunterhändler, Innenminister und neuer Kabinettschef in Personalunion die Verhandlungen schneller zu Ende bringen, rechnen Beobachter und erhofft sich die Regierung. Bisher mußte sich Francos bei jedem Schritt vorher mit Posse abstimmen. Wie berichtet mußte Javier Milei am Wochenende mit leeren Händen die Feierlichkeiten um den Nationalfeiertag des 25. Mai begehen. Francos gibt das Innenministerium nicht auf, sondern vereint beide Ämter auf sich.
Francos ist nicht der Einzige, der an Höhe gewinnt im Rahmen der ersten Kabinettsumbildung der Ära Milei. Die Casa Rosada kündigte an, dass Federico Sturzenegger ein neues und eigenes Ministerium leiten wird. Das neue Ressort, dessen genaue Bezeichnung bei Redaktionsschluss noch aussteht, soll sich auf die „Deregulierung der Wirtschaft“ konzentrieren. Sturzenegger ist der Kopf hinter Mileis Reformplänen. Schweizer Abstammung, bringt Sturzenegger auch Regierungserfahrung mit in sein Amt: der Ökonom und langjährige Harvard-Professor war über mehrere Jahre für Pro, der Partei des ehemaligen Präsidenten Mauricio Macri, Abgeordneter im Parlament. Als Macri 2015 in die Casa Rosada einzog, wurde Sturzenegger sein erster Zentralbankchef.
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