Buenos Aires (AT) – Auf den ersten Blick war die Vorwoche geprägt von Niederlagen für die Regierung von Javier Milei. Der Kongress und hier insbesondere das Oberhaus -der Senat- sorgten für schlechte Nachrichten im Regierungslager. Darunter, eine von der Opposition durchgedrückte Rentenanpassung, die Milei aber inzwischen per Veto ausgesetzt hat. Vor allem dieser Streit verdeckte eines der insbesondere im Ausland lang erwarteten Nachrichten: die Regulierung und Bekanntgabe des Förderprogrammes für Großinvestititionen RIGI (Régimen de Incentivo para Grandes Inversiones, im Spanischen).
Wie berichtet, gilt das RIGI als eines der wichtigsten Projekte der Regierung Milei, um frisches Kapital und Investitionen ins Land zu locken. Das Parlament hatte Ende Juni das Milei-Projekt Ende Juni bestätigt. Seitdem arbeitete Deregulierungs-Minister Federico Sturzenegger an den Vorgaben. Am Freitag (23. August), kurz nach Schließung der Märkte, veröffentlichte die Regierung das Regelwerk im Amtsblatt und setzte es damit in Kraft. Mit Spannung hatten in den letzten Wochen vor allem Unternehmen aus dem Energiesektor –YPF, Transportadora de Gas del Sur– aber auch aus Sektoren wie Agrar, Technologie und Industrie – Stellantis Group; Volkswagen, Ford– die endgültigen Vorgaben zur Teilnahme erwartet. Mit der Bekanntgabe hofft das Team um den argentinischen Präsidenten in diesen Tagen neue Akzente zu setzen.
Die “Innovationen” des RIGI
Das RIGI ist nicht der erste Versuch, Investitionen aus dem Ausland Steuererleichterungen und Anreizen nach Argentinien anzulocken. In fünf Bereichen will das Programm allerdings neue und andere Akzente als seine Vorgänger setzen. Insbesondere der geistige Vater des Projektes -Deregulierungsminister Federico Sturzenegger- hofft damit das Blatt wenden zu können und die Potentiale der drittgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas aktivieren zu können. Die Neuerungen, Punkt für Punkt.
- Der Fokus
Die Anreize stehen nicht der gesamten Wirtschaft zur Verfügung, sondern konzentrieren sich auf acht Sektoren, die das RIGI nutzen können. Damit setzt das Investitionsprogramm den Fokus auf die Bereiche, in denen Argentiniens Wirtschaft so klare wie natürliche Wettbewerbsvorteile zum Tragen bringen kann. Das sind: Forstwirtschaft, Tourismus, Infrastruktur, Bergbau, Technologie, Stahl, Energie sowie Oil & Gas.
- Die Rechtsform
Das RIGI fördert keine Unternehmen, sondern Investition-Projekte, die als „Projektgesellschaften“ (VPU, in der spanischen Abkürzung) sowohl eine eigene Steuernummer wie eine eigene und offene Buchhaltung vorlegen müssen. Die VPUs können von Unternehmensgemeinschaften, einem Konsortium oder einem Joint Venture vorgestellt werden. Für die überwiegende Mehrheit ist eine Mindestinvestition von US$ 200 Millionen. erforderlich. Die Ausnahmen sind Investitionspakete für Transport und Lagerung im Oil&Gas-Sektor. Hier liegt die Mindesteinlage bei US$ 300 Millionen, während die Investitionen für Explorations- und Förderung mehr als US$ 600 Millionen betragen müssen.
- Die Fristen
Die RIGI-Regelung will schnell Klarheit schaffen. Es sieht eine 45-tägige Frist für die Genehmigung oder Ablehnung jedes Projekts vor, die im Negativ-Fall nicht angefochten werden kann. Für die Registrierung des VPU beträgt die Frist zwei Jahre (mit der Möglichkeit einer Verlängerung um ein weiteres Jahr). In dieser Zeit müssen 40 % der Investitionen abgeschlossen sein und es muss eine ausdrückliche Verpflichtung zur Beauftragung lokaler Lieferanten von Gütern und Dienstleistungen für mindestens 20 % des Gesamtbetrags eingegangen werden, wie der Wirtschaftsjournalist Nestor Scibonna in La Nacion erklärt.
- Die Steuererleichterungen
Neue Akzente setzt RIGI bei den steuerlichen Vorteilen und hier insbesondere bei der Senkung der Einkommenssteuer auf 25%. Hinzu kommen kürzere Abschreibungs-Fristen für Betriebskapital und Infrastruktur. Steuerliche Verluste, die nicht innerhalb der ersten fünf Jahre aufgefangen werden können, dürfen übertragen werden. Mehrwertsteuerguthaben werden innerhalb einer Frist von höchstens drei Monaten zurückerstattet. Außerdem können 100 % der Steuer auf Bankgutschriften und -abrechnungen auf die Gewinne angerechnet werden.
RIGI-Projekte werden auch von der Zahlung von Einfuhrzöllen für die Einfuhr von Investitionsgütern, Ersatzteilen, Teilen und Vorleistungen befreit. „Die Einfuhren von neuen Investitionsgütern, Ersatzteilen, Teilen, Komponenten und Verbrauchsgütern sowie die diesbezüglichen Einfuhren, sind von Zöllen, der Statistik und der Überprüfung des Bestimmungsortes sowie von allen Regelungen zur Wahrnehmung, Erhebung, Vorauszahlung oder Einbehaltung nationaler und/oder kommunaler Steuern enthoben“, heißt es in der Verordnung. Während der ersten drei Jahre des Projekts werden zudem keinerlei Ausfuhrzölle, d.h. Einbehaltungen erhoben.
- Die Devisenbeschränkungen
Nicht unwichtig ist auch der Artikel 196 der Vorlage. Unter dem Stichwort “Devisenanreize“, beschränkt er die Verpflichtung zur Liquidation auf dem Devisenmarkt auf die Devisen, die aus den Exporten der im Rahmen der Projekte erzeugten Produkte stammen. Sie beträgt 20% nach zwei Jahren ab Beginn der Investition, 40% nach drei Jahren und 100% nach vier Jahren.
In den kommenden Wochen dürfte das gesamte Ausmaß des RIGI klar werden. Dann wird sich zeigen, wie berechtigt die Hoffnungen der Regierung sind, mit der Initiative vor allem das Vertrauen internationaler Investoren wiederbeleben zu können.
Hacé tu comentario